Notfallkonsultation psychisch instabiler Patient*innen

26.07.23 - akt 07/2023 mit K. Zwimpfer und Dr. S. Meyer KJPD: SOP tagsüber, wenn KJPD Ambi offen ist präzisiert: telefonische Anmeldung machen. Weniger dringliche Patient*innen Kontaktdaten des KJPD abgegeben. Zweifelsfall mit dem KJPD rückbesprechen

23.05.23 - FU Link aktualisiert

Inhaltsverzeichnis

Autor*innen: Dr. med. Xenia Mandanis, Dr. med. Alex Donas (KJNO), lic. phil. Rolf Stallkamp (K+L), Urs Müller (AKIS)

Version 09/2021, akt. 07/2023 (R. Stallkamp K+L), A. Donas (KJNO), K. Zwimpfer und S. Meyer KJPD)
 

Notfallkonsultation psychisch instabiler Patient*innen im Kinder- und Jugendnotfallzentrum (KJNO) inkl. Verlegung auf die Akut- und Intensivstation für Kinder und Jugendliche der Luzerner Psychiatrie (AKIS) und Zusammenarbeit mit dem Ambulatorium des KJPD

Einleitung

Die Anmeldung psychisch instabiler Patient*innen erfolgt optimalerweise durch die Zuweisenden oder die Angehörigen von zuhause aus schon (direkt ins KJPD).

SOP

Psychisch instabile*r Patient*in:  Es besteht eine akute oder subakute Selbst- und/oder Fremdgefährdung

Kinder und Jugendliche in psychiatrischen Notfallsituationen ohne somatischen Abklärungsbedarf werden hingegen zu Bürozeiten auf dem KJPD-Ambulatorium (kjpd.sekretariat@lups.ch oder 058 856 45 00) gesehen und beurteilt: Eine telefonische Anmeldung ist hierfür notwendig. Weniger dringliche Patient*innen werden die Kontaktdaten des KJPD abgegeben, um sich selbst anzumelden. Im Zweifelsfall kann mit dem KJPD rückbesprochen werden.

​​​​​Optimaler Ablauf

  • Anmeldung erfolgt über AKIS, Kinderärzt*in (sh. Einleitung!), Selbstvorstellung
  • Auf KJNO:
    • Pflege nimmt Patient*in ins Zimmer. Wenn akute Selbst- oder Fremdgefährdung bereits bekannt, verzichtet Pflege gänzlich auf Anamnese (entfernt gefährliche, spitze Gegenstände aus Zimmer inkl. Verbandswagen).
    • Kurze Anamnese durch AÄ (nicht geeignet für UA), rasches Involvieren des kinder- und jungendpsychologischen (-psychiatrischen) Pikettdienstes (tagsüber K&L Dienst gemäss Telefonliste, nachts mit KJPD-Pikett über Telefonzentrale (oder Liste im Stationsbüro) verbinden lassen, tagsüber KJPD Ambulatorium), der/die vor Ort im KJNO ein Konsil macht (KJPD im eigenen Ambulatorium).

Wichtig: Beurteilung der Selbst- oder Fremdgefährdung geschieht durch Mitarbeiter*in K&L-Dienst bzw. KJPD-Pikett, nicht durch ärztliches Team KJNO

Notfallmedikation bei agitierten, psychotischen Patient*innen

(ab 12 Jahren) auf KJNO

  • Truxal (Chlorprothixenhydrochlorid)

Indikationen: Unruhe, Agitation, Angst, psychotische Zustände

Wirkmechanismus: Blockierung der Dopaminrezeptoren, evtl. auch Serotoninrezeptoren

Dosierung: 15 mg p. o. maximal 3x in Abständen von 4 h

Kontraindikationen: Bewusstseinstrübung div. Ursachen wie z.B. Intoxikationen mit Alkohol/Psychopharmaka, Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Long-QT, Begleitmedikation mit möglicher QT-⇒Verlängerung (z.B. Antiarrhythmika Klasse Ia und III, Neuroleptika, gewisse Makrolide/ Antihistaminika/ Chinolone)

Unerwünschte Wirkungen (häufig): Gewichtszunahme, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Erregung, Schwindel, Tachykardie, Palpitation, Akkomodationsstörungen, Übelkeit, Dyspepsie, Myalgie, Hyperhydrose, Asthenie, Müdigkeit

⇒ besonders zu Beginn der Behandlung, abhängig von Dosierung

  • Temesta (Lorazepam)

Indikationen: Angstzustände, Spannungszustände, Erregungszustände

Wirkmechanismus: Bindung an GABAA-Rezeptor-> Verstärkung des dämpfenden Effektes von GABA im ZNS. Verglichen mit anderen Benzodiazepinen ausgeprägte anxiolytische (und antikonvulsive) Wirkung bei gleichzeitig schwacher sedierender und muskelrelaxierender Wirkung

Dosierung: 1 mg Expidet 2x mit Abstand von 4 h

Kontraindikationen: Schwere respiratorische Insuffizienz, schwere Leber-/Niereninsuffizienz, Intoxikation mit Alkohol oder Psychopharmaka

Unerwünschte Wirkungen (häufig): Ataxie, Verwirrtheit, Benommenheit, Asthenie, Muskelschwäche

Antidot: Anexate (Flumazenil) verabreichen

 

Bei drohender Eskalation im KJNO mit Bedrohung/Gefährdung des Personals oder anderen Pat. /Eltern ⇒ Spitalinternen Securitas beiziehen (intern 8000), dann Polizei beiziehen (0117)

Bei bestätigter akuter Selbst- oder Fremdgefährdung ohne somatischen Hospitalisationsgrund: Einweisung in AKIS durch K&L-Dienst/ KJPD-Pikett (für Pat. aus Kanton Luzern, Nidwalden, Obwalden). Jugendliche aus Schwyz, Zug und Uri werden i.d.R. nach Littenheid verlegt.

  • Transport in AKIS je nach Situation
  • Wenn Eltern es sich zutrauen, ggf. mit Kind zu Fuss, sonst per Ambulanz in AKIS
  • Im Falle einer fürsorgerischen Unterbringung (FU) Transport via Ambulanz zusammen mit der Polizei (Ambulanz wie auch Polizei wird durch Mitarbeitende des KJNO aufgeboten)
  • FU-Formular wird von K&L-Dienst/ KJPD-Pikett ausgefüllt und INS-dienstärztlich unterschrieben (Formulare in 3facher Ausführung im Stationsbüro, Korpus unter Drucker: muss Original sein (Info zur FU hier).

⇒ WICHTIG: Kopie der FU an Patient*in mitgeben

  • Achtung: für die Ausstellung des FU ist die persönliche Beurteilung des Patienten durch den ausstellenden Arzt ohne Ausnahme zwingend notwendig (d.h. keine FU auf telefonische Anfrage)

Bei akuter Selbstgefährdung bzw.  Suizidversuch mit z.B. Intoxikation oder schweren Verletzungen:

  • Intensivmedizinische Überwachung, Überwachung auf allgemeinpädiatrischer Abteilung mit 1:1 Betreuung nur in Ausnahmefällen möglich (Sitzwache)

Bei fehlender akuter Selbst- oder Fremdgefährdung entweder:

  • ambulantes Procedere mit Anbindung an zuständigen KJP-Dienst der betreffenden Region durch K&L-Dienst/ KJPD Pikett
  • stationäre Aufnahme im Kinderspital zur Deeskalation

Referenzen

https://www.swissmedicinfo.ch