Purpura Schönlein - Henoch

13.10.23 - Ergänzung Hautbiopsie und deren Vorgehen Zur Diagnosesicherung kann eine Hautbiopsie in Erwägung gezogen werden. Dies sollte insbesondere vor Gabe von Glukokortikoiden überlegt werden

11.10.19 - Neuer Artikel INKL. Elternmerkblatt

Inhaltsverzeichnis

Autoren: Dr. L. Simma (INS), Prof. T.J. Neuhaus (Chefarzt Pädiatrie)
Version: 10/2019, akt. 10/2023 Prof J. Roth (Kinderrheumatologie)

Key Points

  • Die meisten Erkrankungen sind selbstlimitierend und benötigen nur symptomatische Therapie.
  • Engmaschige Nachkontrollen zum Erkennen von Nierenbeteiligung (Glomerulonephritis) sind von grösster Bedeutung.

Grundlagen

Purpura Schönlein-Henoch (Synonyme: Schönlein-Henoch Syndrom, Henoch-Schönlein Purpura, IgA-Komplex Vaskulitis, im Anschluss Abkürzung "PSH") ist die häufigste Vaskulitis im Kindesalter. Charakteristisch ist die "Tetrade" von palpablen Purpura, Arthralgie/Arthritis (fugax), abdominalen Beschwerden und Nierenbeteiligung. Die Symptome können gemeinsam, sequentiell (häufig zuerst Bauchschmerzen) oder einzeln auftreten. Am häufigsten sind Kinder im Alter von 2-8 Jahren betroffen, etwas häufiger beim männlichen Geschlecht. In ca. 50% gibt es eine positive Anamnese für einen oberen Luftwegsinfekt.

Klinik

  • PSH ist durch palpable Purpura (bei normaler Thrombozytenzahl) mit Arthritis / Arthralgie, Bauchschmerzen und / oder Nierenbeteiligung (ca. 20-60%) (Hämaturie / Proteinurie / Hypertonie) charakterisiert.
  • Es kann Tage bis Wochen dauern, bis sich alle klinischen Manifestationen von PSH vollständig zeigen, und die Reihenfolge ihres Auftretens kann variieren.
  • Purpura sind bei nahezu allen Patienten vorhanden, jedoch nicht immer der primäre Vorstellungsgrund.
  • Abdominale und renale Komplikationen müssen aktiv ausgeschlossen werden.
  • selten: bei Knaben leichte Orchitis (10-20%), vereinzelte Berichte über neurologische Symptome (Krämpfe, Hirnblutung), Karditis, Uveitis und pulmonale Hämorrhagie.
  • Mehr Bilder: siehe Referenzen unten, oder Internet

 

Untersuchung

  • Vitalparameter: Blutdruck (arterielle Hypertension?)
  • Haut: palpable Purpura (auch bullös möglich) oder Ecchymosen typischerweise an den unteren Extremitäten (bzw. schwerkraftabhängig) sowie Gesäss, eher streckseitig betont (selten auch weiter kranial lokalisiert ).
  • Gelenke: Arthralgie/Arthritis fugax (wechselnde Lokalisation) der grossen Gelenke der unteren Extremität, normalerweise kein relevanter Erguss oder Überwärmung. Dauer meist 24-72h.
  • Gastrointestinaltrakt: ca. 50% sind in Form von unspezifischen Bauchschmerzen betroffen. Ausschluss von Invagination, Ileus, GI-Blutung, Hodentorsion, etc.
  • Urinanalyse: Proteinurie (mehr als 1+), Makrohämaturie, art. Hypertension, nephrotisches/nephritisches Syndrom, Niereninsuffizienz.

Differentialdiagnosen

  • Petechien bei Thrombozytopenie (nicht palpabel) z.B. Immunthrombozytopenie (ITP), Leukämie
  • Petechien parainfektös
  • Meningokokkensepsis
  • Akutes hämorrhagisches Ödem des Kleinkindes (Kleinkinder <2 Jahre)

Labordiagnostik

  • Hämatogramm (ev. mit Fragmentozyten), Kreatinin, Elektrolyte
  • Blut- und Urinkultur
  • ev. Sonografie, Röntgen Abdomen leer
  • Urinstatus mit Sediment und Urin-Protein-Kreatinin-Quotient
  • Harnstoff / Elektrolyte / Kreatinin und Albumin + Serumeiweiss
  • sowie unter anderem: ANA, dsDNA, ANCA, anti-GBM, C3 / C4 bei signifikanter Nierenbeteiligung mit unklarer Diagnose (siehe Merkblatt Glomerulonephritis)
  • Zur Diagnosesicherung kann eine Hautbiopsie in Erwägung gezogen werden. Dies sollte insbesondere vor Gabe von Glukokortikoiden überlegt werden (s.u. Vorgehen Hautbiopsie)

Behandlung

Starke Bauchschmerzen oder Gelenksschmerzen können mit Prednison (1-2mg/kg/d, max. 75mg, max. 3-5 Tage) behandelt werden. Steroide haben keinen Einfluss auf die Prognose bezüglich Nierenbeteiligung.

 

Prognose/Nachsorge

  • Bei unkomplizierter PSH verschwinden die Symptome in 4-6 Wochen, wobei sich der Ausschlag zuletzt zurückbildet.
  • Gelenksschmerzen bessern sich in der Regel innert 3 Tagen. Wechselnde Lokalisation möglich.
  • Ohne Komplikationen dauern Bauchschmerzen etwa 24-48 h an.
  • Selten kann es zu Rückfällen kommen, die meist milder und kürzer ausgeprägt sind. Schubweiser Verlauf über mehrere Wochen möglich. Spätrezidive sind selten.
  • Falls eine Nierenbeteiligung auftritt, geschieht dies in der Mehrzahl innert 2 Monaten und quasi immer bis 6 Monate nach Krankheitsbeginn (97%).
  • Das Risiko für bleibende Nierenfunktionsstörung ist niedrig (1-2%).
  • bei normalem Urinstatus oder nur mikroskopischer Hämaturie:wöchentliche (Morgen-)Urinkontrollen mit Blutdruckmessung bis 6 Wochen nach Remission der kutanen Symptome. Anschliessend 1 pro Monat nach Krankheitsbeginn bis 6. Monat. Dann Abschluss möglich
  • bei Makrohämaturie, art. Hypertonie, Proteinurie muss Glomerulonephritis-Diagnostik erfolgen mit nephrologischer Abklärung

Vorgehen Hautbiopsie

Für die Histologie eine Biopsie aus der Läsion in Formalin.

Für die direkte Immunfluoreszenz eine Biopsie extraläsional, idealerweise in Michel'scher Lösung oder sonst NaCL, ohne Michel’sche Lösung ist die Sensitivität geringer.

Die Michel’sche Lösung ist im Ambulatorium Dermatologie verfügbar, Haus 10, 2. Stock rechts (sollte auch via Rohrpost gehen) zu den Öffnungszeiten (7.30 - 12.00, 13.00 - 17.00).

Konkret kann z.B. eine 4 mm Stanzbiopsie am Rand der Läsion durchgeführt werden, die Hälfte des Biopsats aus der Läsion selbst kann dann für die Histologie verwendet werden und die andere Hälfte für die direkte Immunfluoreszenz aus dem extraläsionalen Bereich.

Versand im Moment an das Labor Kempf und Pfalz Zürich

Elternmerkblatt

    Referenzen

    • Wilhelm-Bals A, et. al, Paediatrica Vol 24, Nr.3, 2013
    • Oxford Handbook of Clinical Paediatrics. 2nd. Ed.
    • The Royal Children's Hospital, Melbourne, Australia, Clinical Practice Guideline on Henoch-Schönlein Purpura, [Internet, last updated 2016; accessed 08.10.2019], Available from: https://wwww.rch.org.au/clinicalguide/
    • Foto des Röhrchens fürs Biopsat: