Thoraxschmerz, akuter
Inhaltsverzeichnis- Key points
- Einleitung
- Management auf dem Notfall
- Risikofaktoren Anamnese
- Risikofaktoren klinische Untersuchung
- Differentialdiagnosen kardial
- Differentialdiagnosen nicht-kardial
- Quellen
Autorin: Dr. D. Schirmann
Freigabe: Dr. A. Donas (INS), Dr. P. Kuen (Kinderkardiologie)
Version: 03/2021
- Thoraxschmerzen sind ein häufiges Symptom im Kindes- und Jugendalter
- eine kardiale Ursache liegt selten vor
- fast alle Betroffenen Kinder und Jugendlichen sind gesund
- ein Kind mit Thoraxschmerzen und zusätzlich: schlechtem Allgemeinzustand, blass, kaltschweissig und/oder mit Atemnotzeichen muss notfallmässig versorgt und abgeklärt werden
Einleitung
Thoraxschmerzen stellen ein häufiges Symptom bei gesunden Kindern und Jugendlichen dar. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle mit harmloser und oft nicht kardialer Genese.
In Zahlen ausgedrückt sind nur 1-6% aller Fälle (potentiell lebensbedrohlich) kardialer oder pulmonaler Ursache. 56% muskuloskelettal, 12% respiratorisch, 8% infektiös bedingt, 6% gastrointestinal, 0.6% kardial und restliche: andere Gründe inkl. funktionell, stressbedingt, Sichelzellkrise oder spezifische Ursachen bei anderer bekannter Krankheit.
Für die Betroffenen, und vor allem deren Eltern, jedoch häufig ein Grund zur Sorge vor einer (lebens-)bedrohlichen Erkrankung: am häufigsten sind diese beunruhigt wegen einer potentiell kardialen Urache, was aber am unwahrscheinlichsten ist.
Entscheidend ist es durch gezielte Anamnese mit anschliessender klinischer Untersuchung und Erfassung der Vitalparameter Risikofaktoren zu eruieren und nur gezielte Untersuchungen zu veranlassen, da nur in einem Bruchteil der Fälle eine eine akut handlungsbedürftige Ursache vorliegt.
Risikofaktoren Anamnese
Persönliche Anamnese:
- Synkope in Zusammenhang mit den Schmerzen
- Thoraxschmerzen/Synkope unter intensiver Belastung
- kurze anhaltende Schmerzanamnese unter 48h (- unter 7 Tage )
- Palpitationen
- bei Säuglingen: Schwitzen beim Trinken
- vorangegangene fieberhafte Erkrankung
- kardiale Grunderkrankung , Status nach Herzoperation
- Kawasaki- Syndrom
Primär nicht kardiale Ursachen aber Risiko für mögliche schwerwiegende Erkrankung: Sichelzellanämie, vermehrte Thromboseneigung ( Neoplasien, Kontrazeptiva-Einnahme, Immobilisation) chronische Lungenerkrankungen, Drogeneinnahme (v.a. Kokain), Medikamente
Familienanamnese:
- plötzliche Todesfälle <40 Jahren
- Kardiomyopathien
- Bindegewebserkrankungen (z.B. Marfan-Syndrom)
-familiäre Hyperlipidämie
Risikofaktoren klinische Untersuchung
- reduzierter Allgemeinzustand, krank aussehendes Kind/Jugendlicher, Fieber
- unklarer Bewusstseinszustand
- Blässe, Kaltschweissigkeit
- Zeichen für Minderperfusion (verlängerte Rekapillarisationszeit, fehlende periphere Pulse)
- bisher nicht bekanntes Herzgeräusch
- Dyspnoe
- pathologischer pulmonaler Auskultationsbefund
- Hepatosplenomegalie
Differentialdiagnosen kardial
Myokarditis, Perikarditis: häufig keine starken Thoraxschmerzen, eher Zeichen wie Angina pectoris, Dyspnoe, Abgeschlagenheit, Fieber, Veränderungen im EKG (T-Wellen Negativierung, ST-Hebungen, fluktuierende ST- Senkungen, Q-Zacken über 40ms) , erhöhtes Troponin und erhöhtes NT pro-BNP, --> Echokardiographie. Siehe hier auch Vorgehen bei Myokarditis - Verdacht
Akute myokardiale Ischämie bei: sehr selten
- Kawasaki- Syndrom
- getriggert durch Drogen/Medikamente (Kokain, Cannabinoide, Triptane, selten Methylphenidat
- Koronaranomalien (Bland- White- Garland- Syndrom, Koronaranomalien- fisteln)
- Myokardbrücken
Aortendissektion: sehr selten, Schmerzen Ausstrahlung in Rücken, ggf Kiefer, bei Marfan/ Turner Syndrom, traumatisch, nach starker Belastung wie Gewichte heben
Takazubo - Kardiomyopathie: Rarität bei Kinder; bei Anorexia nervosa, grossem emotionalem Stress/grossen Operationen
Weitere seltene Ursachen: hypertensive Krise, Kardiomyopathien, Rhythmusstörungen, Mitralklappenprolaps, pulmonalarterielle Hypertonie, vertikal erworbene HIV-Infektion
Differentialdiagnosen nicht-kardial
Muskuloskelettale Ursachen: Muskelkater, unspezifisch je nach Anamnese und Klinik, sehr selten Costochondritis, Tietze- Syndrom
Pulmonal: Pneumonien (Fieber) - häufig thorakale Schmerzen bei Mykoplasmen, Bronchitis, Tracheitis, Pleuritis, Asthma, Pneumothorax, Fremdkörper
Coxsackie-B- Virusinfektion
Akutes Thoraxsyndrom bei Sichelzellanämie
Gastrointestinal : Reflux, eosinophile Ösophagitis, Ulkus, Pankreatitis, Fremdkörper
Noxen/Drogen/Medikamente: Kokain, Cannabis, Opiate, Amphetamine, Triptane, selten Methylphenidat
Psychosomatisch: Verdacht bei zusätzlich Kopf- und Bauchschmerzen und/oder Hyperventilation, ängstliche Persönlichkeitskonstellation, Angsstörungen, Depression
Varia: Herpes Zoster thorakal, Trauma, Tumor Mediastinum oder in räumlicher Nähe
Quellen
- AWMF- Leitlinie „Thoraxschmerzen im Kindes- und Jugendalter“ (AWMF Register Nr 023/003, S2k)
- Monatsschr Kinderheilkd 2018 166:529-532 L. Kändler, M. Schlez, J. Weil httpa://doi.org/10.1007/s00112-017-0410-1
- https://www.rch.org.au/clinicalguide/guideline_index/Chest_pain/
- Fleisher & Ludwig's 5-Minute Pediatric Emergency Medicine Consult September 2019
- Pediatric Emergency secrets Third edition 2015