Sichelzellerkrankung: SOP Notfallversorgung der Patienten

Inhaltsverzeichnis

Autor: Dr. Reimann, Dr. Schilling (Hämato-Onkologie)
Version: 08/2019

Key Points - Goldene Regeln

Blutbild immer mit Retis // Hb nie über 100 g/l anheben // ggf. Austausch- statt Einfachtransfusion // ggf. vorgängiger Aderlass // 3,5ml EK/kgKG heben Hb um 10 g/l an // keine Transfusion bei "einfacher" Schmerzkrise // keine Transfusion zur Hb-Korrektur bei Hb > 60 g/l bei gutem AZ // Krea am oberen Ende der Norm weist auf beginnende Niereninsuffizienz hin // Fieber und hohes CRP auch bei alleiniger Schmerzkrise möglich // Gesamtflüssigkeit auf max. 2000ml/m2 (bei Chest-Syndrom 1500ml/m2) begrenzen // Immer zusätzlich Atemtraining verordnen // bei Bauchschmerzen immer an paralytischen Ileus denken

Geltungsbereich

  • gesamtes Kinderspital
  • Kinder und Jugendliche mit homozygoter Sichelzellerkrankung oder kompensierte Heterozygotie für HbS mit beta-Thal oder anderem abnormalem Hb

Gegenstand

Diese SOP beschreibt das diagnostische und therapeutische Vorgehen bei Notfallsituationen, die bei Patienten mit Sichelzellkrankheit auftreten. Ursächliche Therapien der Grunderkrankung, Präventive Massnahmen zur Verhinderung der genannten Komplikationen und das Managment der chronischen Komplikationen durch den pädiatrischen Hämatologen werden nicht diskutiert.

Einleitung Sichelzellkrankheit

Die Sichelzellkrankheit (sickle cell disease = SCD) ist eine Multiorganerkrankung, die durch das pathologische Hämoglobin S (HbS) verursacht wird. Patienten mit einer SCD tragen eine homozygote HbS-Mutation, eine kompensierte heterozygote HbS-Mutation und β-Thalassämie oder eine kompensierte Heterozygotie mit einem anderen pathologischen Hämoglobin (z.B. HbC) vor. Träger einer heterozygoten HbS-Mutation sind mit wenigen Ausnahmen gesund.
HbS entsteht durch eine Punktmutation im Betaglobin-Gen, die zu einem Austausch von Glutaminsäure gegen Valin an Position 6 der Beta-Kette führt. Deoxygeniertes HbS präzipitiert im Erythrozyten und führt zu dessen Verformung in die namensgebende Sichelform (=“Sicheln“) . Sichelzellen sind weniger elastisch und unterliegen einer verstärkten Hämolyse. Die Folgen sind:

  • Vasookklussion mit Durchblutungsstörung
  • hämolytischer Anämie
  • Verbrauch von endothelialen NO durch freies HbS mit Endothelschädigung
  • Splenomegalie und funktionelle Asplenie.

O.g. Veränderungen exazerberieren durch Stressfaktoren wie Kälte, Dehydratation, sportliche Aktivität, Trauma, Höhenaufenthalt oder Infektionen.

 

Klinische Manifestation

Trias: Vasookklusive Krisen, hämolytische Anämie und funktionelle Asplenie.
Die Vasookklusiven Krisen treten an verschiedenen Organen auf (Knochen, Lunge, ZNS, Milz, Penis). Die SCD ist daher eine Multisystemerkrankung.
Es besteht ein erhöhtes Risiko für lebensbedrohliche Infektionen (OPSI)

Therapie
- Kausal: allogene HSZT.
- Symptomatisch / kausal: Hydroxycarbamid führt durch Erhöhung von HbF / Erniedrigung HbS zu einer Reduktion von vaskulären Ereignissen.
- chronisches (Austausch)-TransfusionsprogrammFür Patienten mit zusätzlichen vaskulären Risiken kann ein Dauertransfusionsprogramm diskutiert werden.

Allgemeine Klinische Präsentation von Notfällen bei SCD

Die klinische Manifestation ist der Sichelzellkrankheit variabel und altersabhängig.

Die meisten Notfallvorstellungen erfolgen wegen einer vasookklusiven Krise.
Vasookklusive Krisen manifestieren sich abhängig vom betroffenen Organ als:

  • Akute Schmerzkrise (KM-haltige Knochen von Extremitäten und Achsenskelett)
  • Akutes Thoraxsydnrom (ATS) (= pulmonale Sequestration)
  • Milzsequestration
  • Schlaganfall
  • Priapismus
  • Paralytischer Ileus (durch Verschluss der Mesenterialarterien = Girdle-Syndrom)

 

 

Kleinkind

Schulkind

Adoleszent

Erwachsene

Hand-Fuss-Syndrom

Akute vasookklusive Krise lange Extremitäten / Stammskelett

Akute vasookklusive Krise lange Extremitäten / Stammskelett

Niereninsuffizienz

OPSI (z.B. Pneumokokken)

ZNS-Infarkt

Ulcus cruris

Ulcus cruris

Milzsequestration

 

Priapismus

Priapismus

   

ZNS-Infarkt

Chronische Organschäden

Tabelle 1

Die meisten Patienten mit vasookklusiver Krise stellen sich mit eindeutiger Klinik (klar lokalisierte Schmerzen, Priapismus, Bauchschmerzen, Stroke) vor. Die Symptome der hämolytischen Krise, der Milzsequestration oder einer Sepsis sind weniger eindeutig.
Bei jedem Patient mit SCD muss neben dem primären Vorstellungsgrund evaluiert werden, ob eine vasookklusive Krise, eine akute hämolytischen Krise bzw. eine Sepsis (bei funktioneller Asplenie) vorliegt.

Jeder Notfallpatient mit SCD erhält unabhängig vom Vorstellungsgrund folgende

Basisuntersuchungen

Initiale Überwachung: BD, HF, SpO2-Messung, T°

Körperliche Untersuchung: mit besonderem Augenmerk auf

  • Dyspnoe
  • Zeichen einer akuten Anämie
  • Ikterus
  • Splenomegalie
  • Ileus
  • Priapismus
  • fokal neurologische Defizite

Blutentnahme: BB Reti, CRP, LDH, Bili, BGA, Elyte, Kreatinin (minimal), ggf. Type and Screen und Blutkultur

Allgemeine Therapieprinzipien bei Notfällen

Die spezifischen therapeutischen Massnahmen in Notfallsituation zielen auf

  • eine Verbesserung der Oxygenierung und der Rheologie (O2-Gabe, Hydratation)
  • eine Reduktion des HbS-Gehalts (Transfusion / Austauschtransfusion)
  • es muss immer die Indikation für eine Schmerztherapie und Antibiotikatherapie geprüft werden

Prinzipielle Transfusionsregeln

  • Transfusion immer nach Rücksprache mit Pädiatrisch-hämatologischen Hintergrund
  • Hb nicht auf > 100g/l anheben, Baseline-Hb berücksichtigen (3,5ml EK/kgKG hebt Hb um 10g/l)
  • immer gematchte, nicht bestrahle EKs transfundieren, auf Laborverordnung vermerken, dass es sich um einen Sichelzellpatienten handelt.

 

Spezielle Notfallsituationen:

 

Vasookklusive Krisen (Schmerzkrisen)


Klinisches Bild

  • > 2h andauernde Schmerzen in Extremitäten, Wirbelsäue, Thorax, Bauch
  • häufig schwerste Schmerzen, selbst bei äusserlich unbeeinträchtigtem Patienten:

Merke: Schmerzen immer glauben

  • ursächlich ist „ischämischer“ Schmerz, häufig im Knochenmark
  • Schmerzen häufig von lokaler Schwellung begleitet
  • Häufig begleitet von Fieber und CRP-Erhöhung, daher schwierige Abgrenzung zu Osteomyelitis, MERKE: Osteomyelitis : Schmerzkrise = 1:50

Labor

  • HGII+ Reti, CRP, LDH, Bili, Reserve und Testblut, evtl. HbS / HbF Bestimmung, CrP

Therapie
Hand-Fuss-Syndrom (Erstmanifestation der Sichelzellanämie bei Kleinkindern)
Ältere Kinder: Extremitäten-, Abdominal- und Rückenschmerzen, evtl. Kopfschmerzen

  • Oxygenierung: wenn O2-Sättigung ≤93%: Sauerstoff über Maske oder Nasenvelo
  • i.v.-Hydrierung: Ringerfundin 1500 (bis max. 2000) ml/m2/Tag (zusätzlich per os ad libitum)
  • Analgesie
    1. Ibuprofen p.o., 8-12 mg/kg/Dosis 4-mal täglich maximal für 3 Tage, danach Dosis reduzieren
    2. Bei ambulanter Behandlung evtl. Tramal® (Tramadol) p.o. 1(-2)
      mg/kg/Dosis 4 mal täglich
    3. Morphin (inital 0,03-0,05 mg/kg/Dosis, mehrfache Bolusgabe nach 10-15 Minuten mgl.)

Ziel ist eine Schmerzfreiheit in max. 2 h unter den genannten Massnahmen. Wenn dies nicht erreicht wird: Beginn Morphin-DT nach Rücksprache mit Hämatologen (ggf. Pikett): initial 0,02-0,05 mg/kg/h, wenn via PCA, Zusatzboli: 0,02-0,5 mg/kg/Dosis bis 5 x in 4 h

Supportivmassnahmen
Ruhigstellen, evtl. Schiene, Flector®-Pflaster (Diclofenac epolamin), Cave: Keine lokale Kühlung. Bei Opiattherapie immer Atemtherapie anmelden oder Anleitung zu Atemphysio / Flasche blasen; falls Auftreten von Nausea unter Morphin/ Nalbuphin Gabe von Zofran® (Ondansetron). Bei jeder Opiattherapie zusätzlich Laxanstherapie.

Verlauf
Fortführung von Hydrierung und Schmerztherapie bis Patient sicher schmerzfrei. Die meisten Patienten können den Verlauf einer Schmerzkrise sehr gut einschätzen. Wenn sie von sich aus sagen, dass die Schmerzkrise vorbei ist, stimmt das meist und die therapeutischen Massnahmen können beendet werden.

Akutes Thorax Syndrom

Klinisches Bild:
Klinische (und radiologische) Präsentation wie bei Pneumonie: Fieber, Dyspnoe, Hypoxämie, Thoraxschmerzen, selten Husten, seitenungleiches Auskultationsgeräusch. Entstehung durch Infekt, Fettembolie, Infarzierung von Lungengewebe, Immobilisation. Hohe Mortalität (1-10%). (Cave Paracetamol: Fieberanstieg ev. abgeschwächt).

CAVE: Häufig begleitet von Hb-Abfall

Merke: Jeder Thoraxschmerz / Pneumonieverdacht / SpO2 Erniedrigung / +/- Hb-Abfall ist im Zweifel ein akutes Thorax Syndrom

Labor:

  • BB, Reti, CRP, LDH, Bili, BGA, Testblut, Reserve, HbS/HbF, bei Fieber: Blutkulturen
  • Abstriche: Nasopharyngealsekret (respirat. Viren), Rachenabstrich (Mycoplasmen-PCR)

Röntgen:

  • Thorax pa /seitlich

Therapie:

  • Oxygenierung: Immer Sauerstoff über Maske oder Nasenvelo, O2-Sättigung: ≥93%
  • i.v.-Hydrierung: Cave: Überwässerung, TF inkl. p.o. max. 1500 ml/m²/Tag
  • Analgesie (siehe vasookklusive Krise): Immer Hospitalisation, Atemphysio anmelden
  • Ec Transfusion: Immer in Absprache mit Hämatologen (Austausch-Transfusion indiziert?).
    Cave Hyperviskosität: Hb nicht >100 g/l steigern, Ausgangs-Hb
    (Voruntersuchung) berücksichtigen, Faustregel: 3,5 ml/kg Ec-Konzentrat heben Hb um 10g/l. Bei Hb >95 g/l bei Präsentation keine initiale Transfusion
  • Bei Fulminantem akutem Thoraxsyndrom Indikation zu Austausch-Transfusion:
    • Ziel HbS < 30%, Hb auf max. 100g/l anheben
    • Ziel Austausch komplettes Blutvolumen (70-80ml/kg). Auch nach Austausch sollte finales Hb nicht > 100g/l liegen.
    • Ist ein Austausch nicht möglich sollte zumindest eine Einfachtransfusion erfolgen (Cave Ziel Hb max 100g/l)
  • Antibiotika: Co-Amoxi® (Amoxicillin / Clavulansäure) i.v. 25-30 mg/kg/Dosis (Amoxicillin-Anteil), 3 x täglich und Klacid® / Klaciped® (Clarithromycin) po 7,5mg/kg/Dosis 2 x täglich, bis Reevaluation nach 72h
  • Supportivmassnahmen: Immer Atemtraining verordnen, falls nicht mgl. Z.B. Triflow oder in Flasche blasen
  • Schwerer Verlauf: Rücksprache mit Hämatologie, evtl. IPS Verlegung

Schlaganfall / Stroke

10% aller Patienten mit Sichelzellerkrankung erleiden im Kindes- Jugendalter einen Schlaganfall. Im Kindes-/Jugendalter bei etwa 75% ischämische, bei 25 % hämorrhagische Infarkte. Hauptursache sind progressive Veränderungen der intrakraniellen Gefässe.

Klinisches Bild

  • Akut: fokale motorische Ausfälle, Bewusstseinstrübung, Sprachstörung, Sehstörung, ggf. Meningismus / Kopfschmerzen bei subarachnoidaler Blutung, Evtl. transiente ischämische Attacke
  • Chronisch: Konzentrationsstörungen, milde kognitive Störungen und Lernschwierigkeiten
  • Alleinige Kopfschmerzen sind häufig bei Sichelzellpatienten und als Einzelsymptom eher kein Stroke-Zeichen!

Bei jeglichen Verdacht auf Schlaganfall: Info Hämatologe, Anmeldung auf IPS, Indikation für Austauschtransfusion besprechen.

Bei bestätigtem Schlaganfall: absolute Indikation für Verlegung auf IPS

Diagnostik:

  • Labor:
    • BB + Reti, CRP, LDH, Bili, BGA mit iCa, Kreatinin, Elyte mit Ca und Mg, Glukose, Quick, PTT, Fibrinogen, D-Dimere, Type and Screen, gematchte ECs für Austauschtransfusion anfordern (Gesamtmenge EK: 40ml/kgKG) Reserve EDTA und Serum, HbS/HbF
  • Bildgebung:
    • MRT-Angiographie, wenn nicht mgl. Schädel-CT: Fragestellung: Lokalisation Infarkt? hämorrhagisch vs. Ischämisch, frischer / alter Infarkt? Cave junge Infarkte < 12h nicht unbedingt im CT sichtbar.

Therapie:

  • Oxygenierung: Immer Sauerstoff über Maske oder Nasenvelo, O2-Sättigung: ≥93%
  • i.v.-Hydrierung: 2000 ml/m²/Tag, cave Überwässerung
  • Analgesie: siehe Schmerzkrise
  • Ec-Transfusion:
    • Partielle Austauschtransfusion (Ziel HbS < 30%).
    • Austauschvolumen: Aderlass 70-80ml/kgKG, EK 40-50ml/kgKG (EK haben etwa doppelt so hohen Hkt wie Patientenblut). Bei Austausch regelmässige Blutbildkontrollen. Während Austausch sollte Hb nicht um > 10g/l schwanken. Austausch in „Stückelungen" von 10ml/kgKG Aderlass und 5ml/kgKG EK machen.
    • Austausch immer auf IPS. Monitoring entsprechend IPS-Leitlinien.
    • Einfache Transfusion nur indiziert, wenn Hb deutlich (> 20g/l unter basalem Hb). Cave Hyperviskosität: Hb nicht >100 g/l anheben!
  • Ggf. neurochirurgische / radiologische Intervention bei schwerer Blutung oder Aneurysma.
  • Keine Indikation für Thrombolyse.

Milzsequestration

„Versacken“ der Erythrozyten in der Milz mit folgendem Hb-Abfall (meist >20-30g/l) und hypovolämischer und hypoxischem Schock. Häufig ausgeprägte Retikulozytose und Thrombopenie. Betrifft meistens 3-5-Jährige. Hohe Mortalität (zweithäufigste Todesursache bei SCD!).

Klinische Präsentation:

  • Abdominale Beschwerden (oft akutes Abdomen), Kreislaufinstabilität, (arterielle Hypotonie, Tachykardie), akute Zunahme Milzgrösse.
  • Hb anfänglich häufig stabil, dann im Verlauf Abfall von Hb und Tc.
  • DD: Gallensteine/Osteonekrose/abdominelle Krise/ Chest Syndrom

Diagnostik:

  • Labor: siehe Akutes Thorax-Syndrom
  • Bildgebung: Immer US-Abdomen oder CT: Cave Milzinfarkt evtl. anfänglich schlecht im US erkennbar

Therapie:

  • Oxygenierung: Immer Sauerstoff über Maske oder Nasenvelo, O2-Sättigung: ≥93%
  • Volumenunterstützung: 2000 ml/m²/Tag, je nach Kreislaufsituation ggf. Ringer-Bolus i.v. (20 ml/kg),
  • Einfach-Transfusion: Hb nicht über 100g/l anheben. CAVE: Bei Milzsequestration ist Transfusionsmenge kritisch, da durch Re-Mobilisierung der in der Milz „versackten“ Erythrozyten der tatsächliche Hb-Anstieg höher sein kann als der errechnete. Daher portionierte Transfusion mit zunächst 5ml/kgKG und zwischenzeitlicher Hb-Kontrolle. Gesamt-EK Menge sollte nicht > 10-15ml/kgKG betragen.
  • Verlegung auf IPS diskutieren, Indikation für Austauschtransfusion mit
    Hämatologie besprechen

Fieber (T > 38.5°C)

Die Patienten mit Sichelzellkrankheit haben auf Grund vorausgehender Milzinfarkte eine funktionelle Asplenie; es besteht ein grosses Risiko für invasive Infekte, v.a. mit bekapselten Bakterien: Primär Pneumokokken, ferner Hämophilus influenzae, Salmonellen, E. coli, Pseudomonas. Pulmonale Infekte oft auch durch Mykoplasmen.
Cave: Unter Paracetamol-Analgesie evtl. abgeschwächter Fieberanstieg!
Pat. mit Litalir® / Droxia® (Hydroxycarbamid) haben ein zusätzliches Risiko für
(reversible) Neutropenie

Labor:

  • BB, Reti, LDH, Bili, BK, Urinstatus, Rx Thorax (Fieber mit thorakalem Infiltrat ist wie Akutes Thorax Syndrom zu behandeln)
  • evtl. Rachenabstrich

Empirische Antibiotika-Therapie:

  • Co-Amoxi® (Amoxicillin / Clavulansäure) i.v.25-30 mg /kg/Dosis (Amoxicillin-Anteil) 3x tägl.
  • Hydroxyurea sowie prophylaktische Antibiotika werden gestoppt

Bei nachgewiesenem Infiltrat: Vorgehen wie bei ATS

Akute symptomatische Anämie / Aplastische / haemolytische Krisen

Akute Anämisierung (Hb-Abfall um > 10g/l unter Baseline-Hb) zusätzlich zu der chronisch hämolytischen (hyperregeneratorischen) Anämie. Typische Ursachen sind aplastische Anämie (z.B. Parvo B19, TEC), akute hämolytische Krise, Milzsequestration.

Klinische Präsentation:

  • Abfall Hb-Gehalts um > 10-(20) g/l unter Baseline-Hb,
  • gleichzeitig erniedrige (wenigstens halbierte) Retikulozytenzahl.
  • Hohe Schwankungen MCV im Vergleich zu Voruntersuchung.
  • Zunahme Splenomegalie / Hepatomegalie bei gleichzeitigem Hb-Abfall

Labor:

  • BB, Reti, Kreatinin, Elyte, CRP, LDH, Bili, Type and Screen, Reserve, bei seronegativen Patienten Parvo-B19-Serologie

Management:

  • Indikation für Transfusion: Symptomatische Anämie (Tachykardie, verminderte Belastbarkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen) und gleichzeitiger Anämie (Abfall Hb > 20g/l unter Baseline-Hb). Ein alleiniger Hb-Abfall auf bis 55g/l bei sonst asymptomatischen Patienten ist keine Transfusionsindikation.
  • EC Transfusion
    • Transfusionsmenge abhängig von aktuellem Hb berechnen, Baseline-Hb als Transfusionsziel anvisieren (3,5mlEK/kgKG heben Hb um 10g/l). Cave: Gefahr Schlaganfall bei zu starkem Hb-Anstieg bei zuvor sehr tiefem Hb!
    • Absolute Transfusionsindikationen sind eine symptomatische Anämie bei Parvo-B19 Infektion, weil hier mit weiterer Anämisierung zu rechnen ist.

Priapismus

Bei 20-30% aller Knaben / Männer mit Sichelzellerkrankung, immer Rücksprache
Hämatologie. Auftreten meist ab Adoleszenz. Cave: Impotenz wenn >3d Dauer

Schmerztherapie:

  • Morphin 0,05-0,1 mg/kg/Dosis, via DT oder PCA, evtl. mehrfache
    Bolusgabe alle 10-15 Minuten bei starken Schmerzen

Management:

  • Warme Bäder, Oxygenierung / Hydrierung siehe oben
  • Immer Rücksprache mit Chirurgie Kinderspital, ggf. Urologie; evtl.
    Adrenalin-Injektion in C. cavernosum diskutieren bei schwerem Verlauf.
  • Wenn >12h Dauer: evtl. Austauschtransfusion

 

Quellen