Tracheostomie: Vorgehen nach neu angelegter Tracheostomie

Inhaltsverzeichnis

Autor: Dr. Martin Stocker (Kinderintensivstation), Dr. Markus Lehner und Prof. Philipp Szavay (Kinderchirurgie), Dr. Martin Hölzle (Kinderanästhesie), Prof. Nicolas Regamey (Kinderpneumologie)
Version: 11/2018

Einführung

Bei neu angelegter Tracheostomie besteht bis zum kompletten Verheilen des Tracheostomas eine erhöhte Gefahr einer Dislokation der Trachealkanüle. Je kleiner das Kind, desto grösser ist diese Gefahr. Daher gelten in der ersten postoperativen Woche besondere Weisungen, die hier zusammengefasst sind.

Übergabe / Informationen

Da Notfallsituationen ein schnelles Handeln erfordern können, müssen die entsprechenden Informationen für alle leicht zugänglich und ersichtlich sein. Der Operateur füllt zusammen mit dem zuständigen IPS-Kaderarzt ein "Notfallblatt neu angelegte Tracheostomie" aus. Dieses enthält alle Informationen betreffend

  • der eingelegten Trachealkanüle (Art und Grösse)
  • den Haltefäden (Kennzeichnung, Farbe)
  • des zu verwendenen Absaugkatheters (Grösse)
  • der entsprechenden Einführtiefe des Absaugkatheters
  • der Möglichkeiten/Schwierigkeiten einer Maskenbeatmung
  • der Möglichkeiten/Schwierigkeiten einer oralen Intubation
  • des Vorgehens bei einer allfälligen Dislokation

Das Notfallblatt wird als erste Seite der Patientendokumentation geführt. Der Operateur und der zuständige IPS-Kaderarzt sind verantwortlich, dass die Vorlage des Notfallblattes angepasst, ausgefüllt und entsprechend abgelegt wird.

Wichtig: Das Procedere bei Dislokation der Trachealkanüle muss für jeden Patienten neu angepasst werden. Der aktuelle Text ist eine Vorgabe, jedoch können die Massnahmen im Einzelfall erheblich davon abweichen.

"Prophylaxe" von Notfallsituationen in der ersten Woche postoperativ

Unruhe und frühe Mobilisation sind vor allem bei Neugeborenen und Säuglingen mit neu angelegter Trachealkanüle ein Risikofaktor für eine Dislokation der Trachealkanüle. Aus diesem Grunde sollen alle Kinder mit neu angelegter Trachealkanüle in der ersten postoperativen Woche grosszügig sediert und bei Bedarf auch relaxiert werden. Die Kinder haben strikte Bettruhe und ein Wechsel der Position oder ähnliche Manöver werden immer zu zweit ausgeführt. Ein Wechsel der Fixation der Trachealkanüle (Bändeli lockern oder wechseln und ähnliches) geschieht immer zusammen mit dem Operateur oder mit dem entsprechenden Stellvertreter.

Notfallsituationen

Folgende Warnzeichen können auf eine bevorstehende Notfallsituation hinweisen:

  • Atemwege: plötzliche Leck-Zunahme, Absaugkatheter nicht problemlos einführbar, Stridor
  • Atmung: zunehmende ANS-Zeichen, erhöhte Beatmungsparameter notwendig
  • Tracheostomie: Trachealkanüle ist disloziert, Emphysem, blutiges Sekret, Schmerzzunahme

In diesen Situationen muss unverzüglich der Operateur oder der diensthabende Kinderchirurge und der diensthabende Kaderarzt der IPS informiert werden. Bei dislozierter Kanüle grosszügige Kontaktaufnahme mit der Kinderanästhesie. Das Notfallblatt orientiert über das entsprechende Vorgehen bei dislozierter Trachealkanüle mit dem Ziel der schnellen Sicherstellung der Atemwege unter der Leitung des Kaderarztes der IPS.

Folgende Notfallsituationen sind in der Literatur am häufigsten beschrieben und müssen entsprechend gesucht und ausgeschlossen werden:

  1. Kanüle blockiert
  2. Kanüle disloziert
  3. Blutung Tracheostoma

Die Literatur ist uneinheitlich betreffend Vorgehen bei Dislokation oder blockierter Trachealkanüle in der ersten postoperativen Woche. Die meisten Quellen bevorzugen aber primär den Versuch der Wiedereinlage der Kanüle durch das Tracheostoma bei Vorhandensein von Haltefäden. Wenn dies nicht erfolgreich ist, muss auf eine Atemwegsicherung mittels oraler Intubation gewechselt werden. Dazu wird das Tracheostoma mit einem Tupfer abgedeckt.

Erster Kanülenwechsel

Der erste Kanülenwechsel erfolgt üblicherweise 1 Woche nach Anlage des Tracheostomas. Der genaue Zeitpunkt wird durch den Operateur bestimmt. Bei problemloser Tracheostoma-Anlage und Anatomie kann dieser erste Wechsel auf der IPS erfolgen. Bei komplexer Anatomie oder anderen erschwerenden Faktoren wird dieser erste Wechsel manchmal auch zusammen mit der Kinderanästhesie in der Op-Vorbereitung durchgeführt.

Alle weiteren Kanülenwechsel sollten dann in der Regel ohne den Operateur erfolgen. Zeitlich sollen die geplanten Kanülenwechsel zur Regelarbeitszeit und ggf. in Absprache mit dem Operateur alle 2 Wochen erfolgen.