Morbidity & Mortality Konferenzen am Kinderspital Luzern

Inhaltsverzeichnis

Autor: Dr. med. Martin Stocker
Version: 05/14

Einleitung

Im Rahmen des Kaderraportes des Kinderspitals Luzern vom 14.05.2014 wurde beschlossen, dass die Morbidity & Mortality (M&M) Konferenzen institutionalisiert werden sollen.

Zwingend soll eine M&M Konferenz durchgeführt werden

  • nach jedem nicht erwarteten Todesfall (nicht im Rahmen einer Palliativsituation)
  • nach Reanimation und/oder schweren Komplikationen bei hospitalisierten Kindern

Die M&M Konferenzen werden im Rahmen der Dienstagabend-Weiterbildungen durchgeführt. dazu wird im Jahresplan in jedem Quartal ein datum reserviert. Weitere Termine werden bei Bedarf kuzfristig vereinbart. 

Merkmale einer erfolgreichen M&M Konferenz

Gemäss Literaturreview (1): Obligatorisch für alle, interdisziplinär, no-blame-culture, kurze/effiziente Fallpräsentationen, fokussierte Fehleranalyse, Miteinbezug von Evidenz-basierter Literatur, Erarbeitung von Lernpunkten/Schlussfolgerungen, aktive Beteiligung der Zuhörer, Leitung durch einen Moderator.

Angewendet auf die M&M Kinderspital:

  • Obligatorisch für alle anwesenden Ärzte des Kinderspitales
  • Pflegebeteiligung wünschenswert (Einladungen auch an Pflegedienst)
  • Fallpräsentation und fokusierte Fehleranalyse gemäss SBAR-Vorgabe (siehe unten)
  • Lernpunkte suchen und Schlussfolgerungen ziehen
  • Leitung durch einen Moderator (Kaderarzt Kinderchirurgie/Pädiatrie, wird jeweils im voraus bestimmt)
  • no-blame-culture

No-Blame-Culture

Jeder Mensch macht und darf Fehler machen. Immer wieder sind wir konfrontiert mit ungeplanten und unvorhersehbaren Ereignissen und Resultaten. Das Ziel ist aus diesen Fehlern und Ereignissen zu lernen, indem diese analysiert werden. Wer beteiligt war, spielt keine Rolle. Die no-blame-culture soll aber nicht dazu führen, Fehler oder Ereignisse einfach hinzunehmen ohne Analyse und ohne daraus zu lernen. Oftmals spielen zwei falsche Annahmen eine entscheidende Rolle bei Konflikten und Vorverurteilungen, resp. Schuldzuweisungen (blame) (2):

Naive realism: A persons’s unshakable conviction that he or she is somehow privy to an invariant, knowable, objective reality – a reality that others will also perceive faithfully, provided that they are reasonable and rational.

The fundamental attribution error: The term describes our failure to recognize situational causes of events and our tendency instead to overattribute individuals’ personality or ability as likely causes.

M&M Präsentation gemäss adaptiertem SBAR (1)

Situation
Kurze Problembeschreibung
  • Gestellte Diagnose 
  • Durchgeführte Therapie/Operation
  • Ungeplante(s) Ereignis/Resultat/Komplikation
Background
Klinische Angaben wichtig in Bezug auf das/die ungeplante Ereignis/Resultat/Komplikation
  • Jetziges Leiden
  • Indikation für Therapie/Operation
  • Wichtige Laborresultate
  • Wichtige Resultate Bildgebung
  • Verlauf
  • Beschreibung ungeplantes Ereignis/Resultat/Komplikation
Analyse
Evaluation, was und weshalb das geschehen ist
  • Fehleranalyse: Was ist geschehen und wie war der genaue Ablauf?
  • Ursprungsanalyse (root cause analysis): Weshalb ist es geschehen? Beschreibung von möglichen Gründen in Bezug auf
    • Menschliche Faktoren: Fehler in Diagnosestellung, Beurteilung, Kommunikation, technische Fertigkeiten
    • Systembedingte Faktoren: Probleme in der Organisation (zB. Personalmangel, fehlende Ansprechpartner, fehlerhaftes Material, …)
    • Patientenbedingte Faktoren: Erkrankung, Vorerkrankungen
Review of the literature
Was ist in der Literatur beschrieben (Evidenz-basiert)?
  • Kurze Literaturübersicht bestreffend des Problems oder der Komplikationen
Recommendations
Vorschläge, damit ähnliche Probleme in Zukunft vermieden werden können
  • Beschreibe, wie das Problem hätte vermieden oder besser gemanagt werden können (falls möglich)
  • Beschreibe die Lernpunkte und ziehe entsprechende Schlussfolgerungen 

 

Umsetzung am Kinderspital Luzern: Die Vortragenden präsentieren die Situation gemäss der SBAR-Vorgabe. Nach jedem Schritt sollen Fragen aus dem Publikum geklärt werden. Die Einhaltung des Ablaufs, Fragen- und Diskussionsführung soll mit Hilfe eines Moderators geschehen. Der Moderator hat zudem die Aufgabe, ein Kurzprotokoll zu verfassen inklusive den wichtigsten Recommendations. Das Kurzprotokoll wird an die Leitung des Kinderspitals und an alle Ärzte und Pflegende im Kinderspital weitergeleitet.

Evaluation M&M Konferenzen Kinderspital Luzern

Am Ende jeder M&M Konfernz füllt jeder Anwesende einen kurzen Fragebogen (siehe Anhang 1) zur Evaluation der Veranstaltung aus. Diese Evaluationen werden gesammelt und jährlich ausgewertet.

Referenzen

  1. Mitchell EL et al. Improving the quality of the surgical M&M conference: a prospective intervention study. Acad Med 2013;88:824-830
  2. Edmondson AE. Teaming: How organizations learn, innovate, and compete in the knowledge economy. San Francisco, Jossey-Bass 2012