Harnwegsinfektionen / Pyelonephritis
07.02.25 - Algorithmus Uringewinnung eingefügt fürs KJNO
31.01.25 - 01/2025 Neue Richtlinien Clean Catch Uringewinnung eingefügt
22.01.25 - Kapitel MCUG mit MUS ergänzt
07.11.22 - Anpassungen in RS A. Huber: Reinigung Genitale nur Octenisept bei Katheter, sonst Wasser
23.10.20 - Anmeldevorgang Sono Nieren intern (ambulant, über Bettendispo): Standardvorgehen eingefügt
16.09.20 - Dieser Artikel ersetzt die beiden Artikel HWI lang und kurz
- Einleitung
- Allgemeines
- Diagnostik der HWI
- Antibiotische Therapie der HWI
- Verlaufskontrollen
- MCUG (Miktionzystourethrographie) / MUS (Miktionszystourosonographie)
- Prävention von HWI
- Antimikrobielle Prophylaxe
- Rezidivierende Zystitis
Autoren: Prof. Dr. med. T. J. Neuhaus (Kindernephrologie) / Dr. med. M. Büttcher (Kinderinfektiologie) / Dr. med. S. Shavit (Kinderurologie)
Version: 08/2020, akt. 11/2022 und 01/2025 (S. Kaiser, M. Feldkötter, S. Zundel)
Basierend auf: Buettcher M, Shavit S, Neuhaus TJ et al. Swiss consensus recommendations on urinary tract infections in children. Eur J Pediatr. (2020). https://doi.org/10.1007/s00431-020-03714-4
Einleitung
Kinder mit bekannter Nephro-/Uropathie und neurogener Blasenstörung „fallen“ aus Standardschemen (s.u.) heraus. Hier sind individuelle Entscheide notwendig (Teamkonsultation von Päd. Nephrologie, Päd.Infektiologie, Kinderchirurgie/Urologie und interdisziplinäre Besprechung).
Allgemeines
Der Begriff Harnwegsinfektion (HWI) beinhaltet Pyelonephritis (PN) und Zystitis. Eine asymptomatische Bakteriurie ist der Nachweis einer Besiedelung der Blase mit Bakterien bei asymptomatischen Patienten; diese Bakterien sind in der Regel nicht virulent und sollen nicht antibiotisch behandelt werden.
Ein differenziertes Vorgehen ist nötig. Jede PN ist ein Notfall. HWI treten in den ersten 3 Lebensmonaten bei Knaben, danach bei Mädchen häufiger auf.
Bei Fieber ohne Fokus ist immer an eine HWI zu denken.
Diagnostik der HWI
Anamnese
Folgende wichtige Daten (= Risikofaktoren) sind zu dokumentieren:
- Prä- oder postnatal diagnostizierte angeborene Fehlbildungen der Nieren und/oder Harnwege (CAKUT).
- Positive Familienanamnese für höhergradigen vesikoureteralen Reflux (VUR) oder Nierenkrankheiten
- Männliche Säuglinge ohne Zirkumzision
- Pathologischer Urinfluss oder gestörte Blasenentleerung
- Verstopfung
- Vorgeschichte mit frühere HWIs oder rezidivierende HWIs
Kriterien für Diagnose HWI
- Allgemein-Symptome (z.B. Fieber, reduzierter AZ, Erbrechen, unklare Gedeihstörung)
- Lokal-Symptome (Schmerzen, Dysurie, Pollakisurie, Einnässen: meist erst > 2 Jahren)
- Erhöhtes CRP (optional PCT – hilfreich vor allem bei früher Präsentation (<24h symptomatisch)
- Wiederholt tiefe Entzündungsmarker (CRP <20mg/l oder PCT<0.5ug/l) machen eine PN unwahrscheinlich
- Pathologischer Urin: Stix positiv auf Leukozyten(-esterase) und/oder Nitrit
- Positive Urinkultur (signifikantes Wachstum, in der Regel Monokultur)
- Im klinischen Alltag gehen wir davon aus, dass eine febrile HWI (Temperatur axillär >38,5°, rektal >38,0°) eine PN ist.
Harnwegsinfektion |
Symptome
Allg. / lokal
|
↑ CRP / PCT |
Leukozyturie (Leukozytenesterase) / Nitrit |
Positive Urinkultur |
Pyelonephritis |
+/+ |
+ |
+ |
+ |
Zystitis |
- / + |
- |
+ |
+ |
|
|
|
|
|
asymptomatische Bakteriurie |
- / - |
- |
- |
+ |
Methodik: Uringewinnung und notwendige Untersuchungen
Die Methodik der Uringewinnung ist in der unten stehenden Tabelle beschrieben und hier hilft der Algorithmus Uringewinnung im KJNO.
Reinigung des Genitale wie folgt:
- Katheterurin: Reinigung mit Octenisept
- Mittelstrahlurin/Clean Catch: Reinigung mit Wasser
- Säckliurin: Reinigung mit Wasser
- Suprapubische Blasenpunktion (Ausnahme): Desinfektion mit alk Desinfektionsmittel (Softasept, Kodan oä)
(LUKS, Hygiene Kartei, Urinentnahme Mikrobiologie)
„Säckliurin“ sollte nicht für eine Urinkultur verwendet werden (kontaminiert mit Haut- und perinealer Flora), sondern nur zum Ausschluss einer HWI..
--> Nach Reinigung des Genitales mit Wasser und Abtrocknen wird ein selbstklebender Urinbeutel befestigt. Die Klebedauer sollte eine Stunde nicht überschreiten.
Merke: Ein Clean Catch sollte durch Fachpersonal (z.B. Pflegende) und nicht durch die Eltern durchgeführt werden aufgrund aufgrund möglicher Kontamination bei unsachgemässer Abnahme.
Indikationen für eine Urinkultur
- immer bei Kindern im Alter von < 90 Tagen mit Verdacht auf Harnwegsinfektion oder Fieber ohne Fokus
- bei Kindern >90 Tage, bei denen klinisch der Verdacht auf eine akute PN besteht und die einen positiven Teststreifen (Leukozyten-Esterase/Nitrit) und/oder ein positives Ergebnis der Urinmikroskopie (Pyurie) haben
- bei allen Kindern in einem reduzierten Allgemeinzustand oder mit hohem Verdacht auf eine invasive bakterielle Erkrankung
- bei allen Kindern mit rezidivierenden HWI und urogenitalen oder nephrologischen Grunderkrankungen (CAKUT, hochgradiger VUR = WHO Grad IV-V/V)
- bei allen Kindern, wenn die klinischen Symptome und Anzeichen nicht mit der Urinstix-Mikroskopie-Analyse korrelieren
Urinaufarbeitung für eine Urinkultur
- Urin wird für Kultur in UriSWAB Röhrchen (gelb) gefüllt
Signifikantes Wachstum, siehe Tabelle oben - Bei Verdacht auf Pilzinfektion: zusätzlich frischen Urin ins Labor für Mycoslide
Methodik und Untersuchungen |
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Urin Entnahme |
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Alter |
Auswahl |
Alternative |
|||||||||
≤90 d |
Katheterisierung/ Clean catch mit Stimulationsmethode |
Suprapubische Aspiration |
|||||||||
>90 d |
Inkontinente Kinder: Katheterisierung /Clean catch Kontinente Kinder: Mittelstrahlurin |
Suprapubische Aspiration Achtung: Säckliurin (nur zum Ausschluss von HWI, nie Kultivierung) |
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Urintest und Kultur |
|
||||||||||
≤90d |
Urin Stix/Sediment UND immer Kultur |
||||||||||
>90d |
Urin Stix/Sediment |
Kultur nur bei positivem Urinstix (Leukozyten-Esterase und/oder Nitrit) oder mikroskopischer Pyurie |
|||||||||
Altersunabhängig: |
|||||||||||
Septischer Patient |
Urin Stix/Sediment UND Kultur |
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Rezidivierende HWI |
Urin Stix/Sediment UND Kultur erwägen |
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Klinische Anzeichen und Symptome, die nicht mit den Resultaten der Urinanalyse korrelieren: zusätzlich Kultur |
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Zusätzliche Labortests (zu erwägen) |
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≤90d |
CRP und/oder PCT, differenziertes Blutbild, Blutkultur, Plasmakreatinin, Natrium, Kalium |
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>90d |
CRP und/oder PCT |
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Altersunabhängig: |
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Septischer Patient; Neugeborene |
Vollständige Sepsis-Abklärung (Blut-, Urin- und Liquor Analyse inkl. Kultur) |
Urinanalyse/Urinkultur: Interpretationshinweise
Nitrit
|
|
Leukozytenesterase /
|
|
Urinkultur
|
|
Antibiotische Therapie der HWI
Vgl. Tabelle unten
Grundprinzipien
- < 60 Tage: Beginn iv Therapie ( < 30d mind. 3d iv)
- > 60 Tage: Beginn orale Therapie
- Voraussetzung für orale Therapie (primär bzw. Umstellung/ "switch")
-
- guter Allgemeinzustand, keine Dehydratation, keine Trinkverweigerung
- Reevaluation, falls Fieber nicht innerhalb von 48 Stunden verschwindet (Hinweis an die Eltern!)
-
- Voraussetzung für orale Therapie (primär bzw. Umstellung/ "switch")
- Beginn iv : bei Kindern mit Risiko einer schweren Erkrankung oder wenn sie nicht in der Lage sind die orale Medikation einzunehmen.
- Bei Kindern mit akutem und/oder chronischem Nierenerkrankungen, mit schweren renalen/urologischen Fehlbildungen, neurogener Blase oder Fremdmaterial soll initial eine parenterale Therapie erwogen werden; der Wechsel auf eine orale Therapie soll nach einem interdisziplinären Konsilium (päd. Nephrologie, Urologie und Infektiologie) festgelegt werden.
- Beginn empirisch, im Verlauf gezielte Therapie nach Antibiogramm (Antibiotikum mit engstem Spektrum wählen)
- Im Falle eines multiresistenten Keimes das Vorgehen mit einem pädiatrischen Infektiologen rückbesprechen.
- Nicht auf orale Therapie wechseln bei ungenügendem Ansprechen auf die parenterale Therapie, bei Erbrechen oder bei ungenügendem Trinkverhalten.
- Im Falle einer Sepsis (Kriterien erfüllt) kann es erforderlich sein, die Dauer der parenteralen Behandlung zu verlängern.
Therapiedauer
- in der Regel 7 bis 10 Tage
- Diese Dauer gilt auch bei parenteral behandelten Säuglingen < 60 Tage mit bakteriämischer HWI als wirksam und ausreichend, sofern eine begleitende Meningitis (insbesondere bei <30d) ausgeschlossen wurde
- Zystitis: p.o. per 3d
Empirische Therapie HWI
Alter | ≤30 d | 31-60 d | Ab 61d (>2 Monate) | Ab 180d (6 Monate) |
Fieber (>38 ℃) Pyelonephritis |
Amoxicillin + Aminoglycosid IV |
Amoxicillin + Ceftriaxon IV |
oral: Amoxicillin-Clavulansäure (1. PN) oder 3. Generation- Cephalosporin (bei bekanntem CAKUT oder rezidivierenden PN, zB Cefpodoxim) |
|
Behandlungs- dauer, Verlauf | 7-10 d | 7-10 d | 7-10 d | |
Afebrile HWI/ Cystitis |
oral: Trimethoprim-Sulfamethoxazol oder Amoxicillin-Clavulanat | |||
Behandlungsdauer | 3d | |||
Weg | oral |
Antimikrobielle Substanzen und Dosierungen (Kinderspital Luzern)
(siehe auch jeweils iDoseCalc App)
PN (Febrile HWI)
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Substanz
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Dosierung |
Max TD |
Kommentar |
PARENTERALE |
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Amoxicillin |
50 mg/kg/Dosis 3 x tägl. i.v. |
12g
|
Für Neugeborene und Frühgeborene s. iDoseCalc |
Amikacin |
15 mg/kg/Dosis 1 x tägl. i.v. / i.m. |
1.5g |
Für Neugeborene und Frühgeborene s. iDoseCalc
|
Ceftriaxon |
50 mg/kg/Dosis 1 x tägl. i.v. / i.m. |
2g |
|
Cefuroxim |
33 mg/kg/Dosis 3 x tägl. i.v. / i.m. |
4.5g |
|
Amoxicillin-Clavulansäure |
50 mg/kg/Dosis 3 x tägl. i.v. |
12g |
Basierend auf Amoxicillin-Komponente
|
ORALE |
|
|
|
Amoxicillin-Clavulansäure |
40mg/kg/Dosis 2 x tägl. p.o. |
3g |
Basierend auf Amoxicillin-Komponente |
Cefpodoxim |
4 mg/kg/Dosis 2 x tägl. p.o |
400mg |
Alter: > 30d
|
Cefuroxim |
15 mg/kg/Dosis 2 x tägl. p.o. |
1g |
|
Amoxicillin |
40mg/kg/Dosis 2 x tägl. p.o. |
3g |
|
Cystitis (afebrile / untere HWI) |
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ORALE |
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|
Trimethoprim-Sulfamethoxazol |
3 – 5 mg/kg/Dosis 2 x tägl. p.o. |
320mg |
Basierend auf Trimethoprim; Alter: > 30d; kontraindiziert bei Hyperbilirubinämie |
Amoxicillin |
25 mg/kg/Dosis 2 x tägl. p.o. |
4g |
|
Amoxicillin-Clavulansäure |
25mg/kg/Dosis 2 x tägl. p.o. |
4g |
Basierend auf Amoxicillin |
Cefuroxim |
10 – 15 mg/kg/Dosis 2x tägl. p.o. |
1g |
Verlaufskontrollen
Klinik und Urin
- Am Tag 3 (bis 5) nach der Erstdiagnose und dem Beginn der empirischen Antibiotikatherapie sollen die Kinder klinisch untersucht werden, um das Ansprechen auf die Behandlung zu beurteilen und die Diagnose (nach Erhalt der Befunde der Urinkultur) zu bestätigen.
- Die Ergebnisse der Urinkultur sollen überprüft und die Medikation nach Antibiogramm angepasst werden.
- Wenn kein signifikantes Wachstum in der Urinkultur zu verzeichnen ist, soll die empirische antimikrobielle Therapie gestoppt und nach einer alternativen Diagnose gesucht werden
- Keine Urinkontrollen (Urinkultur oder Urinstix) während oder am Ende der Therapie bei gutem Verlauf
Bildgebung
Bei allen Kindern, unabhängig vom Alter, soll nach der ersten Episode einer Pyelonephritis eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden:
Praktisches Vorgehen:
- Macht Kinderarzt*in selbst Ultraschall und kann dies übernehmen? ODER
- Interne Anmeldung Ultraschall (So machst Du es richtig)
Ultraschall der Nieren und ableitenden Harnwege
In folgenden Situationen ist bereits in der Akutphase (innert 24 – 48 h) ein US empfohlen:
- Kinder mit atypischer PN (Sepsis oder septischer Schock; pathologischer Urinfluss; palpatorisch abdominelle oder vesikale Resistenzen; erhöhtes Kreatinin; Nichtansprechen auf die Behandlung mit resistenzgerechten Antibiotika innerhalb von 48 Stunden)
- ggf Kinder mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen (HWI)
MCUG (Miktionzystourethrographie) / MUS (Miktionszystourosonographie)
Die Ziele des MCUG bzw. MUS ist die Diagnose von:
- eines (hochgradigen vesikoureteralen Refluxes (VUR)
- posteriorer Urethralklappen (PUK) bei Knaben
- Blasen- und Ureteranomalien (z.B. einer Ureterozele)
Wir empfehlen, die MCUG nur unter den folgenden Umständen (Risikofaktoren für Nephro-/Uropathie) durchzuführen:
- CAKUT und/oder Dilatation der Harnwege nach Ultraschall Untersuchung (eine isolierte leichte Dilatation des Nierenbeckens (≤ 10 mm) ist keine Indikation für die Durchführung einer MCUG)
- pathologischer Urinfluss (z.B. durch PUK bei Knaben), nicht durch Dehydratation bedingte Oligurie, Harnverhalt
- Infektion mit non- E. coli Erregern
- Nichtansprechen auf die Behandlung mit geeigneten Antibiotika innerhalb von 48 Stunden
- erhöhtes Kreatinin (je nach Alter) oder Dyselektrolytämie (zum Beispiel Hyponatriämie und Hyperkaliämie bei Verdacht auf sekundären transienten Pseudohypoaldosteronismus) oder arterielle Hypertonie
- rezidivierende Pyelonephritiden (2 oder mehr Episoden)
*( “Sepsis plus organ dysfunction with or without shock". Aktuell: Goldstein: «International pediatric sepsis consensus conference: definitions for sepsis and organ dysfunction in pediatrics». )
MCUG und MUS unterscheiden sich rein technisch, beim MCUG erfolgt eine Bildgebung mittels Durchleuchtung, beim MUS mittels Ultraschall. In Hinblick auf anatomische Informationen ist das MCUG dem MUS möglicherweise überlegen, wohingegen das MUS bei geringen VUR i.d.R. sensitiver ist.
Zeitpunkt: Nach der Akutphase, sobald Termin in der Radiologie möglich. Meist frühestens zwei Wochen nach akuter Pyelonephritis.
Kontraindikationen der MCUG und MUS:
Akuter Harnwegsinfekt.
Anwendung - MCUG oder MUS
- MCUG
Erstuntersuchung bei allen Knaben
Bei Mädchen bei Vd.a. komplexe anatomische Malformationen
- MUS
Kann primär bei allen Mädchen ohne Vd. a. komplexe anatomische Malformationen erfolgen
Alle Verlaufskontrollen Mädchen und Jungen
Prophylaxe vor MCUG / MUS
bis MCUG / MUS Termin (wenn Prophylaxe beendet werden kann, letzte Dosis noch am Abend nach Intervention) oder einmalige Dosis (Nopil) am Untersuchungstag der MCUG / MUS.
Zusatz
- Verordnungen via MUS-Panel oder MCUG-Panel im EPIC.
Uro-MRI
- in besonderen Situationen nach interdisziplinärer Besprechung
-
Prophylaxe: Einmalige Dosis (Nopil) am Untersuchungstag des Uro-MRI, wenn eine Kathetereinlage erfolgt.
-
Verordnungen via Uro-MRI-Panel im EPIC.
Uroflowmetrie/EMG
(frühestens ab Erreichen der Kontinenz möglich, ab ca. 3 Jahre)
- wenn in der Anamnese Hinweise für Miktionsstörung (Inkontinenz, stotternder Harnstrahl) und rezidivierende HWI (febril und/oder afebril)
- bei vesikoureteralem Reflux
- vor Defluxunterspritzung
- bei rezidivienden HWI
Prävention von HWI
- Regelmässige Miktion, korrekte Genitalhygiene
- Regelmässige Flüssigkeitszufuhr
- Falls Obstipation, entsprechend "intensiv" behandeln
- Bei rezidivierender Zystitis „Blasentraining“ = regelmässige und vollständige Miktion, ggf. Beckenbodenphysiotherapie
- Keine Urinuntersuchungen bei asymptomatischen Kindern: gilt generell
- Eine umgehende Vorstellung bei Fieber mit unklarem Fokus zum Ausschluss einer HWI ist immer notwendig.
Antimikrobielle Prophylaxe
Im Allgemeinen wird von einer Antibiotikaprophylaxe abgeraten.
Zu erwägen bei:
- Kinder mit komplexer CAKUT, inkl. Megaureter oder mit zugrunde liegender Blasenfunktionsstörung (nach interdisziplinärem - pädiatrische Nephrologie/Urologie/Infektiologie -Konsilium)
- Kinder mit hochgradigem VUR (WHO Grad IV und V/V)*
- Wenn ein MCUG indiziert ist, kann eine Antibiotikaprophylaxe begonnen und bis zum Zeitpunkt der Untersuchung fortgesetzt werden
Dauer:
- in der Regel vorerst für 1 Jahr; dann klinische Kontrolle und Ultraschall und erneute Beurteilung
*Bei Kindern mit VUR Grad III kann die Prophylaxe individuell mit den Eltern besprochen werden. Die für die Prophylaxe erforderliche Behandlungszahl (number needed to treat - NNT) zur Verhinderung einer Harnwegsinfektion beträgt circa 5500 Antibiotikadosen. Es konnte nicht gezeigt werden, dass eine Antibiotikaprophylaxe die Narbenbildung in den Nieren reduziert. Nebenwirkungen von Antibiotika, Resistenzentstehung und Einfluss auf das intestinale Mikrobiom sollen ebenfalls bei der Diskussion berücksichtigt werden.
Prophylaxe Substanzen
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Substanz |
Dosierung |
Max TD |
Kommentare |
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Trimethoprim |
1.5 mg/kg/Dosis 2 x tägl. oder |
320mg |
Neugeborene und Kinder: |
Trimethoprim-Sulfamethoxazol |
1 mg/kg/Dosis 2 x tägl. oder |
320mg |
Alter: > 30d Dosis basierend auf Trimethoprim (TMP); Zweimal täglich für Kinder, die noch Windeln tragen |
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Nitrofurantoin |
1 mg/kg/Dosis 2 x tägl. oder |
100mg/Dosis |
Alter: > 30d |
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Amoxicillin |
10mg/kg/Dosis 2 x tägl. p.o. |
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Verwendung zur Prophylaxe nur bei Neugeborenen (wenn Trimethoprim nicht verfügbar ist) |
IV Anmeldung
GgV 346: bei VUR jeglichen Grades
GgV 345: Ureterfehlbildungen (Stenosen, Atresien, Ureterocele, Lageanomalien und Megaureter)
Verlaufskontrollen und Bildgebung bei Nephro-/Uropathie
- VUR Grad > III/V: Sonographie nach 1 Jahr; anschliessend je nach Verlauf (Besprechung Uro-Nephro-Konferenz)
- Megaureter: Sonographie nach 1 Jahr; anschliessend je nach Verlauf (Besprechung Uro-Nephro-Konferenz)
- Ureterabgangsstenose: bei ausgeprägtem US-Befund immer Funktionstest mit Uro-MRI
Operationsindikationen/-technik
Besprechung der Indikation in der interdisziplinären Uro-Nephro-Konferenz
z.B.
-
- VUR Grad > III/V (Unterspritzung oder Ureterreimplantation)
- Ureterabgangsstenose
- ggf. Megaureter
Rezidivierende Zystitis
- Genaue Anamnese des Miktionsverhaltens (Risiko: Miktionsstörung), Hygieneverhalten und Darmentleerung (Risiko: habituelle Obstipation)
- US mit Restharnbestimmung
- kein MCUG - Uroflowmetrie mit Beckenboden-EMG