Palliativ-Konzept Kinderspital

Autor: Palliative Care Team Kinderspital (Organigramm)

Version: 07/2017

Ausgangslage

1.1 Auftrag Überarbeitung
Seit 2008 existiert für das Kinderspital Luzern ein Palliative Care Konzept, welches auf Initiative von Frau B. Wernz (Leiterin Pflege) nach Rücksprache mit Herrn Prof. Dr. T. Neuhaus (Departementsleiter Kispi LU) aktuell von einer Arbeitsgruppe überarbeitet werden sollte. Das bisherige Konzept war eine Mischung aus Konzept, Allgemeininformation, Medikamenteninformation, Pflegemassnahmen etc. Ziel der Arbeitsgruppe war es, dieses in ein besser gegliedertes Konzept mit entsprechenden Links zur praktischen Umsetzung mit personellen Ressourcen umzuwandeln.


1.2. Arbeitsgruppe
Die Arbeitsgruppe wurde auf der Grundlage der ursprünglichen Arbeitsgruppe unter der Leitung von Dr. D. Gubler gebildet. Die Arbeitsgruppe setzt sich zusammen aus ärztlichem Dienst (Neonatologie/Intensivpflegestation, Neuropädiatrie, Onkologie, Assistententeam), Pflegefachpersonen aus verschiedenen Bereichen, Konsiliar- und Liaisonpsychiatrischem Dienst, Sozial- und Austrittsberatung, Seelsorge / Care- Team und KinderSpitex Zentralschweiz.


1.3. Vorgehen
In monatlichen Treffen der Gruppe wurde das bestehende Konzept diskutiert und basierend auf Erfahrungen und Konzepten aus anderen Spitälern sowie dem Wissen von Palliative Care Zusatzausbildungen, welche mehrere Arbeitsgruppenteilnehmende aufweisen, komplett revidiert und neu konzipiert.


1.4. Zielgruppen

Das Konzept richtet sich an alle Kinder, welche den Aufnahmekriterien von Palliative Care des Kinderspitals Luzern entsprechen. Dies ist nicht nur auf das Kinderspital beschränkt, sondern gilt auch im weiterführenden ambulanten Umfeld mit KinderSpitex, niedergelassenen Ärztinnen/ Ärzten und Einrichtungen. Aufgrund der örtlichen Patientenselektion wird der höchste Bedarf erfahrungsgemäss im Bereich der Neonatologie/Intensivpflegestation, Neuropädiatrie und Onkologie sein.


1.5. Ziel
Ziel des Konzeptes ist es, Palliative Care im Kinderspital zu integrieren und ein gut organisiertes, strukturiertes, multiprofessionelles Palliative Care Team (PPC- Team) zu etablieren. Das PPC- Team steht zusammen mit den spezialisierten Fachpersonen dem betreuenden stationären Team zur Seite und unterstützt es bei der Weiterbetreuung und bei der Übergabe in den ambulanten Bereich. Die Koordinations- und Kommunikationsarbeit wird eine Hauptaufgabe sein. Dies betrifft insbesondere auch die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärztinnen / Ärzten und der KinderSpitex. Jedem Kind des Kinderspitals steht bei Erfüllung der Palliative Care Aufnahmekriterien und entsprechendem Bedarf des Patienten bzw. der Patientin, der Familie sowie des betreuenden Teams, das multiprofessionelle PPC- Team zur Mithilfe bei Gesprächsführung, Organisation, Medikamenten-Verordnung, psychosozialer Begleitung etc. zur Verfügung.
Eine direkte ambulante Versorgung kann im Moment nicht gewährleistet werden.

Definition und Grundhaltung

2.1. Definition Palliative Care bei Kindern
"Palliative Care ist die aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer progredienten, weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung" (WHO 1990). Unter Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen versteht man die aktive und umfassende Versorgung. Diese berücksichtigt Körper, Seele und Geist des Kindes gleichermassen und gewährleistet die Unterstützung der gesamten betroffenen Familie. Eine wirkungsvolle pädiatrische Palliativversorgung ist nur mit einem breiten multidisziplinären Ansatz möglich, der die Familie und alle öffentlichen Ressourcen mit einbezieht. (WHO 2002)

2.1.1 Ziele
Palliative Care strebt eine möglichst gute Lebensqualität, sowie die Begleitung und Unterstützung der Patienten und ihren Angehörigen in der Phase der unheilbaren Erkrankung und in der nachfolgenden Trauerphase an. Koordination und Kontinuität einer ortsunabhängigen Betreuung ist wichtig. Ebenso sind auch nicht-medizinische Unterstützungsangebote (psychosozial, spirituell und finanziell) für das betroffene Kind und die Familie tragend in diesen Belastungssituationen.

2.1.2. Vorgehensweise
Die Betreuung erfordert ein der individuellen Situation angepasstes multiprofessionelles Team (Ärzte, Pflegefachpersonen, KinderSpitex, Sozial- und Austrittsberatung, Konsiliar- und Liaisonpsychiatrischer Dienst, Seelsorge / Care Team, Ernährungsberatung, Ergotherapie, Physiotherapie, Musiktherapie etc.), in welchem ein Mitglied die Koordination übernimmt. Grundsätzlich werden Entscheidungen im Dialog gesucht. Dabei steht das Kind im Zentrum und wird in Entscheidungen – angepasst an Alter, Entwicklung, Befinden und eigenem Bedürfnis – miteinbezogen.

2.2. Diagnosegruppen / Kategorien (gemäss ACT - Association for Children with Life threatening or Terminal Conditions, 2003)

I. Lebensbedrohliche Krankheiten, für die eine Behandlung mit dem Ziel einer Heilung (kurativ) möglich ist, die aber versagen kann (z.B. Krebserkrankung, angeborene Herzfehler)
II. Krankheiten mit eingeschränkter Lebenserwartung, für die mit den heute zur Verfügung stehenden Behandlungen über lange Zeit ein normales Leben möglich ist (z.B. Zystische Fibrose, HIV-Infektion)
III. Unheilbare Krankheiten mit fortschreitendem Verlauf, aber lebensqualitäts-verbessernden Therapiemöglichkeiten (z.B. Stoffwechselerkrankungen, neuromuskuläre Erkrankungen)
IV. Unheilbare Krankheiten ohne fortschreitenden Verlauf, aber mit hohem Risiko für Komplikationen und frühzeitigen Tod (z.B. Gehirnverletzungen mit schwerer Behinderung, extreme Frühgeburtlichkeit und damit einhergehende Unreife des Kindes, Komplikationen rund um die Geburt, Herzfehler oder komplexe Fehlbildungen und angeborene Erkrankungen mit symptomatischem Verlauf bereits in der Neonatalperiode)

2.2.1. kurativ – palliativ
Der Übergang vom kurativen zum palliativen Behandlungsziel ist ein oft nicht geradliniger Prozess, welcher zwischen betroffenem Kind, Eltern und Betreuungsteam abläuft. Dabei ist es wichtig, frühzeitig mit der palliativen Betreuung zu beginnen, auch bereits parallel zur kurativen Behandlung.


2.3. Betreuungsort

Die Betreuung beinhaltet grundsätzlich 4 Phasen:

  1. Diagnosestellung / Erkennung einer lebenslimitierenden Erkrankung
  2. Leben mit der Erkrankung
  3. Sterbebegleitung (End-of-life-care)
  4. Trauerbegleitung

"Palliative Care findet an dem Ort statt, an dem sich das Kind am wohlsten fühlt und an dem ihm die notwendige Betreuung und Begleitung in geeigneter Form angeboten werden kann." (1, S. 23) Der Ort der Betreuung soll nach Möglichkeit vom Kind und seiner Familie gewählt werden. Dabei sollen flexible Übergänge gewährleistet sein. So kann die Versorgung zuhause, im Spital oder in einer anderen Institution erfolgen.


2.4. Werte- und Grundhaltungen

Palliative Betreuung respektiert das Leben und seine Endlichkeit, achtet Würde und Autonomie der Betroffenen und stellt ihre Anliegen in den Mittelpunkt. Dazu gehören Offenheit und Ehrlichkeit in Gesprächen und das Aushalten und Tragen von schwierigen Situationen und Reaktionen. Insbesondere legen wir Wert darauf, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, dass jeder Mensch einzigartig ist und eigene Stärken hat, welche unterstützt werden sollen. Wir akzeptieren, dass das, was ist, zurzeit das Richtige ist (Anerkennung von Wirklichkeit). Wir verhalten uns im Kontakt mit dem betroffenen Kind und seinen Angehörigen kongruent, empathisch und wenden uns ihnen bedingungslos zu. Dabei ist zu beachten, dass der Prozess des Abschiednehmens und Sterbens, die ihn begleitenden Gefühle und der Umgang damit individuell, persönlich, religions- und kulturabhängig ist. Jeder Mensch bewältigt eine Situation so, wie es seine Psyche im Moment zulässt und findet damit jenen Weg, der in der aktuellen Situation für ihn/ sie am besten geeignet ist.


Das Palliative Care Team - Kernkompetenzen und Aufgaben der verschiedenen Berufsgruppen

Das Palliative Care Team (PPC- Team) setzt sich aus Fachpersonen verschiedener Berufsgruppen (s. 3.1. – 3.9.) und einer Koordinationsperson zusammen und stellt somit ein multiprofessionelles Angebot. Das PPC-Team unterstützt die Behandlungsteams in der Palliative Care.

Das PPC- Team des Kinderspitals Luzern ist den Kinderärztinnen und Kinderärzten in der Zentralschweiz bekannt. Die Koordinationsperson des PPC- Teams übernimmt die Organisation und die Verantwortung für die Aktualisierung der Teammitglieder und eine transparente Kommunikation.

3.1. Ärzteteam

Die Ärzte sind für die medizinische Betreuung und Behandlung des Patienten oder der Patientin zuständig, inklusive medikamentöser Therapie, Gesprächsführung mit Kind / Familie und der Teilnahme an multiprofessionellen Gesprächen. Innerhalb des Behandlungsteam wird ein Bezugsarzt bestimmt. Falls möglich wird auch eine Betreuung des Kindes und seiner Familie ausserhalb des Kinderspitals gewährleistet. Das Ärzteteam ist verantwortlich für Rezepte und Therapieverordnungen sowie ggf. für weitere Abklärungen.


3.2. Pflegeteam

Die Pflegenden sind für die Pflegemassnahmen am Patienten zuständig, nehmen die individuellen Bedürfnisse der Patienten oder der Patientinnen und ihren Familien wahr, erfassen sie und führen ein entsprechendes Symptom- und Schmerzmanagement durch. Sie bieten Unterstützung bei der Alltagsgestaltung, leiten Angehörige an und begleiten das Kind und seine Bezugspersonen in der Belastungssituation. Die Pflegenden vermitteln Gespräche mit anderen Diensten, wenn dies vom Kind und / oder seiner Familie gewünscht wird.


3.3. Konsiliar- und Liaisonpsychiatrischer Dienst

Eine Palliativsituation geht mit hohen psychischen Belastungen für alle Beteiligten einher. Sowohl Betroffene selbst, als auch ihre Angehörigen befinden sich in einem emotionalen Ausnahmezustand und benötigen einfühlsame Präsenz und Unterstützung. Dabei ist in erster Linie ein Beziehungsangebot wichtig, welches eine Unterstützung sowohl phasenspezifisch wie auch in akuten Krisenmomenten ermöglicht.
Das Ziel ist eine ressourcenorientierte Behandlung, welche die Coping-Strategien der Betroffenen fördert. Diese richtet sich nach den körperlichen, seelischen, sozialen und entwicklungsbedingten Möglichkeiten des kranken Kindes und seiner Angehörigen. Dabei berücksichtigt sie die Art und Fähigkeit der Einzelnen und der Familie als Ganzes zur Bewältigung und Anpassung. Die Interventionen sollen eine stabilisierende Wirkung haben und eine grösstmögliche Lebensqualität im Prozess des Aushaltens von Hilflosigkeit, des Loslassens und Trauerns ermöglichen.


3.4. Seelsorge / Care - Team

Das Seelsorgeteam / Care-Team ist für hospitalisierte Kinder und Jugendliche und ihre Angehörigen, unabhängig von ihrer weltanschaulichen und religiösen Orientierung, da. Der persönlichen Lebensauffassung begegnen die Seelsorgerinnen und Seelsorger mit Respekt. Auf Wunsch vermitteln sie einen Kontakt zur eigenen Glaubensgemeinschaft oder zur Pfarrei/ Kirchgemeinde des Wohnorts.
Die Seelsorgerinnen und Seelsorger bieten an, ein Stück Weg gemeinsam zu gehen und danach zu suchen, was aktuell gut tut: Eine kreative Abwechslung im Alltag (z.B. Spiel, Geschichte), Begegnung und Gespräch, Begleitung in belastenden Situationen. Auf Wunsch gestalten sie auch ein Ritual (z.B. Segnung, Taufe, Abschied). Auch bei oder nach dem Tod eines Kindes stehen sie Angehörigen und dem Betreuungsteam unterstützend und beratend zur Seite.


3.5. Physiotherapie

Die Physiotherapie unterstützt betroffene Kinder und Jugendliche dabei, eine möglichst gute Lebensqualität und Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten.
Sie versucht das Wohlbefinden des Kindes und Jugendlichen durch gezielt indizierte therapeutische Massnahmen, wie z.B. atemtherapeutische Techniken, schmerzlindernden Massnahmen oder eine gezielte Bewegungstherapie zu fördern bzw. zu erhalten.
Die Physiotherapeuten beraten Betroffene, Eltern und Begleitpersonen im Handling bei z.B. Transfers und weiteren alltäglichen Verrichtungen oder bei der Auswahl notwendiger Hilfsmittel.


3.6. Ergotherapie

Die Ergotherapie unterstützt (falls erwünscht) das Kind in der Bewältigung seines Alltags.
Sie erfasst die aktuellen Ressourcen und bietet die Möglichkeit, diese zu nutzen.
Mit Hilfe von Spielsachen und gestalterischen Materialien kann sich das Kind handelnd erleben und ausdrücken.
Bei Bedarf können auch Hilfsmittel abgegeben werden, z.B. Tellerrand, Griffverdickung für Essbesteck usw.


3.7. Musiktherapie

Die Musiktherapie ist psychodynamisch und erlebnisorientiert. Kinder (und ihre Angehörigen) können ihren Gefühlen und Emotionen durch Musik Ausdruck verleihen. Dabei wird Unsagbares sagbar, Unerhörtes hörbar und Unfassbares erhält Form und Gestalt. Bei physischem Unwohlsein (Schmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, etc.) kann die Musiktherapeutin für das Kind spielen, oder sie lässt das Kind Klänge und Resonanzen auf seinem Körper erfahren. Dies kann entspannend wirken und das Befinden des Kindes positiv beeinflussen.
Im Sterbeprozess spielt die Musiktherapeutin je nach Wunsch und Bedürfnis für das Kind und seine Angehörigen sanfte Klänge.


3.8. Ernährungsberatung
Eine palliative Erkrankung ist oft verbunden mit einer teils deutlich beeinträchtigenden Inappetenz und Müdigkeit. Das palliative Ernährungsmanagement soll daher ein regelmässiges Screening für Mangelernährung beinhalten. Denn ein möglichst früher Einsatz der Ernährungstherapie kann einen positiven Einfluss auf die Nahrungszufuhr haben, eine Mangelernährung vermindern und zu einer verbesserten Lebensqualität führen. Die Ziele einer Ernährungstherapie sind je nach Ausgangslage unterschiedlich und ändern sich mit dem Fortschreiten der Erkrankung. Zentral ist die individuelle Begleitung von Patienten und deren Angehörigen mit der Absicht, die Lebensqualität zu verbessern und möglichst lange zu erhalten.


3.9. Sozial- und Austrittsberatung
Die Sozial- und Austrittsberatung klärt die Situation nach dem Akutspitalaufenthalt ab und erarbeitet interdisziplinär und unter Einbezug der Betroffenen Lösungen für den Spitalaustritt. Sie berät und organisiert zum Teil Anschlusslösungen und vermittelt Sach- und Fachhilfen.
Auf Wunsch berät die Sozial- und Austrittsberatung in sozialen, persönlichen, finanziellen und rechtlichen Fragen im Kontext mit dem Spitalaufenthalt.


3.10. Bildungs- und Förderangebote

Alle Angebote der Patientenschule stehen dem Patienten offen. Je nach Befinden und Interesse darf er das Schulatelier oder die Schule besuchen und wird seinen Bedürfnissen und Vorlieben entsprechend gefördert und so im Lernen, Basteln oder Spiel unterstützt.
Dies kann und darf auch nur während einem Teil der ganzen Unterrichtszeit sein.
Es ermöglicht dem Kind sein Krankenzimmer zu verlassen und in eine andere Welt einzutauchen, selber aktiv zu werden und auch neue Kontakte zu knüpfen.


3.11. KinderSpitex
Bei schwerkranken und sterbenden Kindern und Jugendlichen bietet die KinderSpitex zu Hause professionelle Palliative Care an. Sie unterstützt die Familien in der Pflege und im Symptommanagement und richtet sich nach den Bedürfnissen des Patienten und der Familie. Die KinderSpitex arbeitet multiprofessionell mit allen beteiligten Fachpersonen. Sie stellt eine Verbindung her zwischen dem Spital und Zuhause.


3.12. Aladdin-Stiftung
Die Aladdin- Stiftung stellt einen Freiwilligen-Besuchsdienst für hospitalisierte Kinder zur Unterstützung der Eltern und Angehörigen bereit. Die geschulten Aladdin-Mitarbeitenden besuchen das kranke Kind, verbringen Zeit mit ihm und bieten entsprechend dem Gesundheitszustand Aktivitäten an. Dies ermöglicht den Eltern eigenen Bedürfnissen nachzugehen und frische Kräfte zu sammeln.


Ablauf Palliative Care

4.1 Aufnahme

Wird der Bedarf einer palliativen Versorgung für ein Kind erkannt, kann der Kontakt direkt zum Koordinator oder zu einem anderen Mitglied des PPC-Teams Luzern durch jede Person, die mit dem Kind in Verbindung steht, aufgenommen werden. Dies kann der Hausarzt, die Familie, der/ die betreuende Stationsarzt/ -ärztin, eine Pflegefachperson des Kinderspitals oder der KinderSpitex oder auch ein Mitglied aus dem psychosozialen Betreuungsteam sein. Als Entscheidungshilfe können die unter Punkt 2.2 aufgeführten Kriterien sowie der PaPaScale gelten.


4.2. Analyse

Ein Mitglied des PPC-Teams nimmt die ersten Informationen zum Kind und dessen aktueller Situation auf, setzt das Kind auf die Palliative Care Patienten-Liste und stellt es im PPC-Team vor. Die anmeldende Person bzw. ein Vertreter aus dem Behandlungsteam ist zu dieser Sitzung eingeladen. Die Entscheidung über die Aufnahme eines/r Patienten/-in in die palliative Betreuung fällt das PPC- Team. Für die begleitende palliative Betreuung wird eine verantwortliche Person aus dem PPC-Team bestimmt (am ehesten der/diejenige, der/die das Kind kennt oder weiter betreuen wird). Aktuell finden die regulären Besprechungen monatlich statt (in der Regel 1. Donnerstag im Monat, 15-16 Uhr)


4.3. Umsetzung

Die Koordinationsperson des PPC-Teams wird ein erstes Treffen mit Eltern, Kind und der verantwortlichen Person des PPC-Teams vereinbaren, um die Bedürfnisse zu eruieren (Ausfüllen des Stammdatenblattes und / oder des Betreuungsplans). Im Anschluss an das Treffen wird die verantwortliche Person gemeinsam mit dem PPC-Team ein Betreuungsnetz aufbauen bzw. ergänzen, die evtl. fehlenden Kontakte herstellen und der Familie weiterhin als erste Ansprechperson zur Verfügung stehen.
Der Betreuungsplan des Pädiatrischen Palliativ Care Netzwerkes Schweiz (PPCNCH) wird in der interprofessionellen, palliativen Betreuung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen eingesetzt. Er ersetzt die Pflegeplanung nicht. Er ist ein Instrument der vorausschauenden Planung, und wird im interprofessionellen Setting ausgeführt, wobei der Patient und seine Angehörigen Teil des Teams sind. (App3)


4.4. Auswertung

Innerhalb des PPC-Teams besteht ein regelmässiger Austausch (regelmässiger PPC-Team-Rapport) bei dem die Bedürfnisse der einzelnen betreuten Kinder diskutiert und dokumentiert werden und ggf. die Betreuung angepasst wird. So gewährleisten wir eine gute Betreuungskontinuität und sind dem betreuenden Team und den Eltern eine stete Unterstützung.


4.5. Abschluss und Nachbetreuung

Verstirbt ein Kind oder tritt aus der Betreuung durch das PPC-Team bei z.B. Verbesserung der Allgemeinsituation mit geringerem Betreuungsaufwand aus, erfolgt eine Reevaluation des Betreuungsprozesses durch das PPC-Team. Das Kind wird nach dem Versterben durch ein Ritual verabschiedet zu dem alle involvierten Fachpersonen durch die Abteilungsleitung eingeladen werden. Das behandelnde Pflege- und Ärzteteam schreibt für die Hinterbliebenen eine Kondolenzkarte. So weit planbar, wird den beteiligten Mitarbeitern ermöglicht, an der Beerdigung teilzunehmen, wenn sie dies wünschen. Vereinzelt wird ein Besuch bei der Familie eines verstorbenen Kindes zu Hause gewünscht und auf privater Basis ermöglicht. Wünschenswert ist der Kontakt zu der Trauerfamilie durch die involvierte psychologische Fachperson. Der/ die zuständige Kaderarzt/-ärztin des Behandlungsteams lädt die Eltern eines verstorbenen Kindes nach 3 Monaten zu einem Nachgespräch ins Kinderspital ein.


Kommunikation

5.1. PPC-Team-Rapport

Der Rapport wird von der Koordinationsperson geleitet. Das Team entscheidet über Anträge, ein betroffenes Kind in den Status "Palliativ" aufzunehmen.
Alle aktuell vom PPC-Team betreuten Kinder werden besprochen, zu den aktuellen Problemen und Bedürfnissen werden die entsprechenden Behandlungspläne in Absprache mit dem Behandlungssteam festgelegt und angepasst.
Das PPC-Team soll das Austrittsmanagement und dessen Umsetzung unterstützen.
Die Besprechung findet regelmässig zu einer festgelegten Zeit statt (aktuell monatlich).


5.2. Arztvisite

Teilnahme von Mitgliedern des PPC- Teams bei Bedarf. Die Visite findet täglich statt.


5.3. Rundtischgespräche

Rundtischgespräche können von allen in die Betreuung eines Patienten involvierten Fachpersonen und den betroffenen Familien angeregt werden. Sie dienen dazu, die gesamte Situation des Kindes und seiner Familie darzulegen, die Möglichkeiten des Behandlungsplans aufzuzeigen, Fragen und Bedürfnisse der Betroffenen aufzunehmen, Anschlusslösungen aufzuzeigen und Entscheidungen zu treffen.
Geleitet wird das Rundtischgespräch von einer vorher bestimmten Person. Teilnehmende sind alle involvierten PPC-Team Mitglieder und/oder verantwortliche Personen des Behandlungsteams aus den verschiedenen Berufsgruppen. Es bestehen festgelegte Zeitfenster für die Rundtischgespräche.

5.4. Schnittstellen

Folgende Schnittstellen sind für die Pflege und Betreuung der Patienten und ihren Familien verantwortlich:



Behandlungsteam Kispi
Fallführende/r Arzt/ Ärztin (Bezugsarzt/-ärztin) und Team
Pflegefachpersonen
Konsiliar- und Liaisonpsychiatrischer Dienst
Onko-Psychologie
Seelsorge
Sozial- und Austrittsberatung
Physio-, Ergo-, Musiktherapie
Ernährungsberatung
Patientenschule

Extern
Kinder-/ Hausarzt/-ärztin
KinderSpitex
Bezugs-/ Lehrpersonen
Institutionen

PPC-Team Kispi
Ärzte/ -innen
Pflegefachpersonen
Konsiliar- und Liaisonpsychiatrischer Dienst Onko-Psychologie
Seelsorge
Sozial- und Austrittsberatung

5.5. Dokumentation

Ärzte: Auf dem dafür vorgesehenen Formular (Verordnungsblatt) werden palliative Therapien und Massnahmen zur Behandlung resp. Symptomlinderung in der Patientendokumentation abgelegt.
Pflege: Die Pflegefachpersonen dokumentieren die Ressourcen des Patienten und dessen Familie, Pflegediagnosen, Pflegeziele und die entsprechenden Pflegemassnahmen auf dem dafür vorgesehenen Formular und legen dieses in der Pflegedokumentation ab.
Sozial- und Austrittsberatung: Die Sozialarbeitenden dokumentieren die Abklärungen, die Zielvereinbarungen und die Umsetzung im Medfolio. (Markierung spez. Reiter)
Seelsorge / Care Team: Die Seelsorge dokumentiert ihre Einsätze sowie auch die Abmachungen über eine weitere Begleitung vom Kind/Jugendlichen und seinen Angehörigen.
Die PPC-Team-Rapporte werden von der Koordinationsperson dokumentiert und im Ordner Palliativ Care Kinderspital (W/KiLu/Palliative Care Kinderspital) abgelegt.


Qualitätsmanagement

Palliative Care ist allen Kindern, Jugendlichen und deren Familien, die davon profitieren können zugänglich.


6.1. Qualitätskriterien aus Sicht der Betroffenen

Abläufe der interdisziplinären Entscheidungsfindung mit Einbezug des Patienten und der Familie sind standardisiert (diverse Formen der Kommunikation inkl. Dokumentation)
kontinuierliche Begleitung mit einer verantwortlichen Person
Kinder, die die Kriterien für Palliative Care erfüllen, sind im System der elektronischen Krankengeschichte sichtbar (spez. Marker in Medfolio)
Kinder erhalten spätestens vor Austritt einen palliativen Betreuungsplan (App3). Hierauf sind auch besondere Wünsche des Kindes und der Familie dokumentiert.
Sicherstellen eines effizienten und reibungslosen Informationsflusses, da Verlauf und Evaluation von Massnahmen (inkl. psychotherapeutischer und spiritueller Interventionen) dokumentiert sind.


6.2. Qualitätskriterien aus Sicht des PPC-Teams

Die neuesten Erkenntnisse der Palliative Care finden ihre Anwendung und die Patienten sind qualitativ gut betreut.
Das Konzept ist allen Mitarbeitenden der verschiedenen involvierten Professionen bekannt und wird von ihnen angewendet.
Multiprofessionelle Gespräche zur Entscheidungsfindung werden in teaminternen Nachbesprechungen ausgewertet.
Das PPC-Team reflektiert seine Tätigkeit und die interprofessionelle Zusammenarbeit regelmässig und erstellt einen Bericht, welcher der Kinderspitalleitung vorgelegt wird.
Das PPC-Team legt Jahresziele fest.
Die PPC-Weiterbildung (insbesondere PPC-Team) wird ermöglicht und unterstützt.
Entwicklung fehlender Instrumente und Standards.
Das Konzept Palliative Care wird alle 5 Jahre überprüft und angepasst.
Das Konzept ist auf der Intranetseite des Kinderspitals intern zugänglich.


Ressourcen

7.1. Bestehende Ressourcen
Konzeptarbeit ist durch bestehendes Konzept bereits bekannt.
Subspezifische Rapporte finden bereits regelmässig statt.
Die Organisation der Kinderschutzgruppe dient als Beispiel.
Zusammenarbeit KinderSpitex und Kinderspital ist eingespielt
Multiprofessionelle Zusammenarbeit findet bereits statt und kann intensiviert werden.
Besprechungsräume wurden im Pavillon neu geschaffen
Fachwissen und Erfahrungswissen sind bereits teilweise erworben.
Betreuungsplan von PPCN kann übernommen werden.


Literatur

1. Bergsträsser, E., Palliative Care bei Kindern, Bern 2014
2. World Health Organization. WHO definition of palliative care: www.who.int/cancer/palliative/definition/en
3. International Meeting for Palliative Care in Children. IMPaCCT: Standards for paediatric palliative care in Europe. European Journal of Palliative Care. 2007;14(3):2-7.
4. A guide to the development of children's palliative care services (Third Edition), published by ACT (Association for Children’s Palliative Care) in England, 2009
www.togetherforshortlives.org.uk/assets
5. Widdas D, Katrina M, Edwards F. A core pathway for children with life-limiting and life-threatening conditions, 2013. www.togetherforshortlives.org.uk/professionals/res...
6. Meier DE, McCormick E. Palliative care: Benefits, services, and models of care. 2014
www.uptodate.com/contents/palliative-care-benefits-services-and-models-of-care-H549034646.

Anhang

App1 Ablaufplan Palliativ Care im Kinderspital

App2 PaPa Scale

App3 Betreuungsplan des PPCNCH

App4 Gesprächsleitfaden

App5 DNR Order

App 6 Gesprächsprotokoll

App 7 Flyer Palliative Care

Siehe auch im Blaubuch:

Flyer Wenn Kinder sterben (KISPI)

Sterbeleitfaden Kinder für Personal




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